krebsgesellschaft.de, 05.10.2015

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Therapiealternativen beim distalen Rektumkarzinom

Die abdomino-perineale Resektion ist derzeit die Standardtherapie bei Patienten mit distalem T2- oder T3-Rektumkarzinom. Es ist ein ausgedehnter, für die Patienten folgenreicher Eingriff, weshalb alternative Therapiestrategien willkommen sind. Eine Hochdosis-Chemotherapie mit nachfolgender aktiver Beobachtung (watchful waiting) könnte womöglich eine solche nicht-invasive Alternative sein, wie aus einem Bericht in der Fachzeitschrift Lancet Oncology hervorgeht.

An der dänischen Studie nahmen 55 Patienten mit primärem resektablem T2 oder T3, N0-N1-Adenokarzinom in den untersten 6 cm des Rektums teil. Sie erhielten eine Chemoradiotherapie (60 Gy in 30 Fraktionen auf den Tumor, 50 Gy in 30 Fraktionen auf ausgewählte Lymphknoten, 5 Gy endorektaler Brachytherapie-Boost sowie oral Tegafur-Uracil 300 mg/m2 an allen Wochentagen über sechs Wochen). Zu Beginn, im Therapieverlauf (Wochen 2, 4 und 6) sowie sechs Wochen nach Beendigung der Therapie wurden Endoskopien und Biopsien durchgeführt. Alle Patienten mit kompletter klinischer Tumorregression, negativer Tumorbiopsie und fehlenden Lymphknoten- bzw. distalen Metastasen im CT und MRT sechs Wochen nach Therapie wurden in die Watchful waiting-Gruppe übernommen. Alle anderen Patienten erhielten die Standard-chirurgische Behandlung. In der Beobachtung wurden engmaschig Endoskopien und Biopsien durchgeführt. Bei lokalem Rezidiv folgte die chirurgische Resektion. Der primäre Endpunkt war ein lokales Tumorrezidiv innerhalb des ersten Jahres nach Überweisung in die Beobachtungsgruppe.

Von 51 in die Analyse eingehenden Patienten zeigten 40 nach der Hochdosis-Chemoradiotherapie eine klinische komplette Response und wurden in die Beobachtungsgruppe überführt. Das mediane Follow-up für lokales Rezidiv betrug in der Beobachtungsgruppe 23,9 Monate (IQR 15,3-31,0). Nach einem Jahr war es bei 15,5% der Patienten der Beobachtungsgruppe (95% CI 3,3-26,3) zu einem lokalen Rezidiv gekommen. Die häufigste akute Grad 3 Nebenwirkung war Diarrhoe, sie trat bei vier (8%) von 51 Patienten auf. Die Sphinkterfunktion war in der Beobachtungsgruppe exzellent, 18 (72%) von 25 Patienten und 11 (69%) von 16 Patienten hatten nach einem bzw. zwei Jahren keine fäkale Inkontinenz, der mediane Jorge-Wexner-Score betrug zu allen Zeitpunkten 0 (OQR 0-0).

Die häufigste Spätnebenwirkung waren Blutungen der rektalen Mukosa. Grad 3 Blutungen wurden bei zwei (7%) von 30 Patienten im ersten Jahr und einem (6%) von 17 Patienten im zweiten Jahr berichtet. Unerwartete ernsthafte Nebenwirkungen und therapiebedingte Todesfälle traten nicht auf.

Nach Ansicht der Studienautoren könne eine Hochdosis-Chemotherapie und anschließende Beobachtung (watchful waiting) beim distalen rektalen Karzinom eine sichere Alternative zur abdomino-perinealen Resektion sein.

Quelle:
Appelt, A. L. et al.: High-dose chemoradiotherapy and watchful waiting for distal rectal cancer: a prospective observational study. The Lancet Oncology, Onlinevorabveröffentlichung am 5. Juli 2015, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S1470-2045(15)00120-5

(kvk)