krebsgesellschaft.de, 15.12.2012

SABCS 2012

SABCS 2012: Viele neue Daten zur Neoadjuvanz und Adjuvanz

Viele neue Daten zur Neoadjuvanz und Adjuvanz

Eine Fülle interessanter Beiträge war auf dem SABCS 2012 dem Kapitel neoadjuvante und adjuvante Therapie gewidmet. Hervorzuheben ist dabei die Vielzahl von Studien aus Deutschland bzw. mit deutscher Beteiligung.

Pathologische Komplettremission als Endpunkt zweifelhaft

Die pathologische komplette Remission (pCR) gilt bisher als Surrogatendpunkt zur Vorhersage eines langfristigen klinischen Nutzens mit Endpunkten wie dem krankheitsfreiem Überleben (DFS), dem ereignisfreies Überleben (EFS) oder dem Gesamtüberleben (OS). Eine große auf dem SABCS präsentierte Meta-Analyse untersuchte nun, in welchem Maße die pCR tatsächlichen Einfluss auf diese Überlebensendpunkte hat. Dazu wurden zwölf neoadjuvante Studien (n = 13.125) ausgewertet, in denen die pCR klar definiert worden war und von denen ein Langzeit-Follow-up zum ereignisfreien und Gesamtüberleben zur Verfügung stand.

Die wichtigsten Ziele der Meta-Analyse waren die Bestimmung des Verhältnisses von pCR zum ereignisfreien und Gesamtüberleben, die Definition einer pCR, die am besten mit einem langfristigen Benefit korreliert, Erkenntnisse zu den Mammakarzinom-Subtypen, bei denen die pCR am aussagekräftigsten für die Langzeitprognose ist, sowie das benötigte Ausmaß des pCR-Effekts, um EFS und OS zu verbessern.

In den Studien fanden sich drei verschiedene pCR-Definitionen:

  • Das Fehlen von invasiven und in situ Karzinomen in der Brust und den Achsellymphknoten (ypT0ypN0),
  • das Fehlen von invasiven Karzinomen in der Brust und den Achsellymphknoten mit DCIS (ypT0/isypN0),
  • das Fehlen von invasiven Karzinomen in der Brust mit DCIS unabhängig vom Lymphknotenbefall (ypT0/is).

13%, 18% bzw. 22% der Patientinnen erreichten nach diesen Definitionen eine pCR.

Die Entfernung von Tumorzellen sowohl aus der Brust und den Lymphknoten (ypT0ypN0 oder ypT0/isypN0) war im Vergleich zur alleinigen Operation der Brust (ypT0/is) mit einem verbesserten EFS und OS assoziiert. Patientinnen mit pCR (ypT0/isypN0) profitierten mit verbessertem EFS (HR = 0,48) und OS (HR = 0,36) im Vergleich zu denen, die keine pCR erreicht hatten.

Hinsichtlich der Subtypen ergab sich folgendes Bild: Bei Patientinnen mit niedriggradigen Hormonrezeptor-positiven (HR+) Tumoren wurde selten (7%) eine pCR erreicht, häufiger dagegen bei folgenden Typen: HR+ hochgradig (16%), triple negativ (34%), HR+/HER2+ ( 30%) sowie HR-/HER2+ (50%). Dabei hatten Patientinnen mit aggressiven Tumor-Subtypen, die eine pCR erreicht hatten, ein längeres ereignisfreies Überleben im Vergleich zu Patientinnen ohne pCR.

Bei der Analyse des Verhältnisses vom Ausmaß des pCR-Effekts zum EFS ergab sich keine Korrelation.

Zusammenfassend haben Patientinnen, die eine pCR nach Definition ypT0ypN0 oder ypT0/isypN0 erreichen, eine günstigere Langzeitprognose. Dabei sind EFS oder OS unabhängig von der Anwesenheit oder Abwesenheit von DCIS. Um bessere Vergleichsmöglichkeiten zu schaffen, sollte zukünftig in Studien eine standardisierte pCR-Definition (ypT0ypN0 oder ypT0/isypN0) genutzt werden.

Die Auswirkungen des pCR-Effekt beschränkten sich auf Patientinnen mit hochgradigen HR+ Tumoren sowie aggressive Subtypen (HER2+, triple-negativ). Das Studienziel, einen Wert für das Ausmaß der Erhöhung der pCR-Rate festzustellen, der die mögliche Überlegenheit einer Therapie gegenüber einer anderen im Hinblick auf EFS oder OS vorhersagt, wurde nicht erreicht. [1] Nach den Ergebnissen dieser Meta-Analyse muss leider konstatiert werden, dass die pCR als primärer Endpunkt für neoadjuvante Studien an Wert etwas verliert, da der Unterschied der pCR-Rate vom Prüf- im Vergleich zum Kontrollarm sich nicht ad hoc in einen Überlebensvorteil übersetzen lässt.

Neoadjuvante Therapie auch für junge HR+ Patientinnen von Vorteil

Junge Frauen erkranken häufig an besonders aggressiven Typen von Brustkrebs. In mehreren Studien erwies sich das Alter bei Diagnose jedoch als unabhängiger prädiktiver Faktor für pathologische Komplettremissionen (pCR) nach neoadjuvanter Chemotherapie. Eine Metaanalyse prüfte diesen Sachverhalt an einer Gruppe von sehr jungen Patientinnen. Dafür wurde aus einem Kollektiv von acht deutschen Studien mit insgesamt 8949 Patientinnen eine Untergruppe von 704 Patientinnen im Alter bis zu 35 Jahren untersucht.
Bei den sehr jungen Frauen gab es weniger Luminal A und triple-negative Tumoren im Vergleich zu den älteren Frauen.

Die pCR-Rate war signifikant höher in der sehr jungen Gruppe im Vergleich zu den älteren Frauen (23,6% vs. 15,7%; p<0,0001). Allerdings blieb dieser Unterschied auf die Untergruppe mit triple-negativen Mammakarzinom (45% vs. 31%; OR 1,85; 95%CI [1,33-2,56]; p<0,001) beschränkt, so dass sich das Alter nur hier als unabhängiger prädiktiver Faktor für das Erreichen einer pCR erwies. Im Vergleich zu den Patientinnen >35 Jahre waren bei den sehr jungen Frauen nur Hormonrezeptor-Status und Grading unabhängige Prädiktoren für eine pCR, nicht aber das Stadium und der Nodalstatus.

Wurde eine pCR erreicht, ergab sich kein altersabhängiger Unterschied beim krankheitsfreien Überleben. Blieb die pCR jedoch aus, hatten sehr junge Patientinnen eine signifikant schlechtere Prognose (DFS HR: 1,35, p=0,001). Darüber hinaus ergaben sich folgende Ergebnisse für Subgruppen:

  • Bereinigt um Stadium, Nodalstatus, Alter und pCR, hatte bei den triple-negativen Patientinnen zwar die pCR, nicht aber das Alter unabhängigen prognostischen Wert für die Vorhersage des krankheitsfreien Überlebens (pCR: HR: 0,18 [95% CI 0,13-0,16], p <0,0001; Alter HR: 1,06 [95% CI 0,74-1,51], p = 0,77).
  • Bei Luminal A-Tumoren war das Alter, aber nicht die pCR ein unabhängiger prognostischer Marker für das DFS (Alter: HR 2,5 [95% CI 1,6-3,9] p <0,001; pCR: HR 0,72 [95% CI 0,37-1,41] p = 0,34).
  • In der Luminal A-Gruppe schnitten die Patientinnen <35 Jahren und ohne pCR hinsichtlich DFS am schlechtesten ab, am besten dagegen die Patientinnen <35 Jahren mit pCR (log rank p = 0,27; HR 0,05; p = 0,5).

Es bestätigt sich also, dass bei sehr jungen Frauen eher eine pCR nach neoadjuvanter Chemotherapie erreicht werden kann als bei älteren, wenn sich der Effekt auch hauptsächlich durch triple-negative Tumoren ergibt, die in dieser Altersgruppe häufiger sind. Dagegen hat das Alter keinen Einfluss auf das krankheitsfreie Überleben bei triple-negativen Patientinnen, wenn eine pCR erreicht wurde. Neu ist, dass bei den sehr jungen Patientinnen auch rezeptorpositive Tumoren von einer neoadjuvanten Chemotherapie profitieren, allerdings nicht in einem so großen Ausmaß wie bei negativem Rezeptorstatus.

BEATRICE: Bevacizumab wohl keine Substanz für die Adjuvanz

Bevacizumab verbessert in Kombination mit Chemotherapie das progressionsfreie Überleben beim metastasierten Mammakarzinom und führt zu höheren pCR-Raten im neoadjuvanten Setting. Da Mikrometastasen Angiogenese-abhängig sind, erscheint es sinnvoll, Angiogenesehemmer wie Bevacizumab auch in einem adjuvanten Setting einzusetzen. Die BEATRICE-Studie prüfte diese Hypothese bei 2591 triple-negativen Patientinnen, die nach vorangegangener Operation im Verhältnis 1:1 zu ≥4 Zyklen Chemotherapie entweder mit (n=1301) oder ohne (n=1290) Bevacizumab (5 mg/kg/wk) randomisiert wurden. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS).

Insgesamt wurde Bevacizumab median 11,7 Monate verabreicht. Nach einem medianen Follow-up von 32 Monaten ergab sich kein signifikanter Vorteil für die zusätzliche Gabe des Angiogenesehemmers: Das 3-Jahres DFS lag bei 82,7% vs. 83,7% (HR 0,87 95% CI [0,72-1,07]; p=0,1810). Unter Bevacizumab war es bis dahin zu 107 Todesfällen gekommen, ohne Bevacizumab zu 93 (HR 0,84 95% CI [0,64-1,129; p=0,2318).

Bevacizumab führte im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie zu einer höheren Inzidenz von Grad ≥3 LVEF-Erhöhung (3% vs. <1%), Grad ≥3 Hypertonie (12% vs <1%) und Therapieabbrüchen (20% vs. 2%), jedoch nicht zu einem Anstieg des Risikos von therapiebedingten Todesfällen (0,3% vs. 0,2%). [3]

Mit den Ergebnissen von BEATRICE kann sich Bevacizumab somit auch bei der schwer therapierbaren Gruppe der triple-negativen Patientinnen im adjuvanten Setting nicht bewähren.

Erneute adjuvante Chemotherapie sinnvoller Ansatz nach Lokalrezidiv

Patientinnen mit isolierten lokoregionalen Rezidiven haben ein hohes Risiko, Fernmetastasen zu entwickeln und an Brustkrebs zu versterben. Die optimale Behandlung dieser Patientinnengruppe ist noch nicht geklärt. Eine auf dem SABCS 2012 vorgestellte Studie untersuchte die Wirksamkeit einer erneuten adjuvanten Chemotherapie nach Rezidiv-Operation. Die Studienteilnehmerinnen wurden stratifiziert nach vorangegangener Chemotherapie (ja/nein), Hormonrezeptor-Status (positiv/negativ) und Lokation des Rezidivs (Brust vs. Narbe / Brustwand vs. Lymphknoten) und zu entweder erneuter Chemotherapie vs. keine erneute Chemotherapie randomisiert. Verabreicht wurden mindestens vier Zyklen einer Kombinationchemotherapie. Die schleppende Akkrutierung führte zur vorzeitigen Schließung der Studie, so dass statt der geplanten 265 Fälle nur 162 Patientinnen eingeschlossen wurden.

Die Patientencharakteristika waren in beiden Gruppen ausgewogen. Nach einem medianen Follow-up von 4,9 Jahren zeigte sich sowohl beim krankheitsfreien Überleben (5-Jahres-DFS: HR=0,59, 95% CI [0,35–0,99]; p=0,046) wie auch beim Gesamtüberleben (HR=0,41, 95% CI [0,19–0,89]; p=0,02) ein positiver Trend zugunsten der erneuten Chemotherapie. Die Ergebnisse blieben konsistent in allen Straten. Besonders wirksam war die neuerliche adjuvante Chemotherapie bei Frauen mit Hormonrezeptor-negativem Rezidiv; das 5-Jahres-DFS war hier signifikant besser als ohne Chemotherapie (HR= 0,32, 95% CI [0,14–0,73]; p = 0,007).

Für den klinischen Alltag hier ergibt sich hieraus, dass bei lokoregionalen Rezidiven eine erneute adjuvante Chemotherapie als Standard angesehen werden sollte, insbesondere bei der rezeptornegativen, nicht endokrin behandelbaren Patientin.


Quellen:
[1] Cortazar P et al. Meta-Analysis Results from the Collaborative Trials in Neoadjuvant Breast Cancer (CTNeoBC). SABCS 2012, Abst. S1-11
[2] Loibl S et al. Neoadjuvant Chemotherapy in the Very Young 35 Years of Age or Younger. SABCS 2012, Abst. S3-1
[3] Cameron D et al. Primary Results of BEATRICE, a Randomized Phase III Trial Evaluating Adjuvant Bevacizumab-Containing Therapy in Triple-Negative Breast Cancer. SABCS 2012, Abst. S6-5
[4] Aebi S et al. Chemotherapy prolongs survival for isolated local or regional recurrence of breast cancer: The CALOR trial (Chemotherapy as Adjuvant for Locally Recurrent breast cancer; IBCSG 27-02, NSABP B-37, BIG 1-02). SABCS 2012, Abst. S3-2

(pp)

In Zusammenarbeit mit PD Dr. med. Diana Lüftner, Berlin