krebsgesellschaft.de, 30.10.2015

ECC 2015

Präoperative Strahlentherapie beim Magenkarzinom

Bei den Bemühungen, die multimodale Therapie des Magenkarzinoms zu optimieren, stellt sich auch die Frage nach dem Stellenwert einer Strahlentherapie. Die Phase-II/III-Studie TOPGEAR prüft den Nutzen der Hinzunahme einer präoperativen Radiotherapie zur perioperativen Standard-Chemotherapie in Hinblick auf das Gesamtüberleben. Ergebnisse der Phase-II wurden beim Europäischen Krebskongress in Wien präsentiert.

In der multimodalen Therapie des Magenkarzinoms sind in den letzten 15 Jahren wichtige Fortschritte erreicht worden. So konnte der Nutzen einer perioperativen Chemotherapie belegt werden, die beim 5-Jahres-Überleben einen Vorteil von absolut 13-14% im Vergleich zur alleinigen Resektion zeigte. [1-2] Die perioperative Therapie mit einer prä- und postoperativen Platin- und 5FU-basierten Chemotherapie über 8-9 Wochen ist daher Standard beim lokal fortgeschrittenen und/oder nodal-positiven Magenkarzinom. [3]

Studiendesign
Bei TOPGEAR handelt es sich um eine multizentrische, randomisierte Phase-II/III-Studie der Australischen Gruppe AGITG gemeinsam mit der EORTC, an der auch deutsche Studienzentren aktiv beteiligt sind. Bei histologischem Nachweis eines Adenokarzinoms können Patienten ab Stadium IB (T1N1) bis IIIC (T3-T4 und/oder N+) eingeschlossen werden. Die perioperative Behandlung mit dem Chemotherapieprotokoll Epirubicin, Cisplatin, 5-FU erfolgt jeweils mit oder ohne präoperative Strahlentherapie. Die Studie besteht aus zwei Teilen: In Teil 1 (Phase II) wurden 120 Patienten rekrutiert mit dem Ziel, die Durchführbarkeit, Sicherheit und Effektivität einer präoperativen Strahlentherapie in diesem Setting zu prüfen. In Teil 2 (Phase-III-Komponente) werden weitere 632 Patienten rekrutiert (Gesamt: n=752). Endpunkte des ersten Studienabschnitts sind Verträglichkeit, Compliance und die histo-pathologische Ansprechraten. [4,5] 

Ergebnisse
Insgesamt 120 Patienten wurden randomisiert. Die präoperative Chemotherapie erhielten im Prüfarm 98,3% und im Kontrollarm 93,3% der Teilnehmer. 92% der auf den experimentellen Arm randomisierten Patienten wurden neoadjuvant mit einer Strahlentherapie (45 Gy) behandelt. Die Gastrektomie erfolgte bei 90% der Patienten in der Chemotherapie-Gruppe und bei 85% in der Strahlentherapie-Gruppe. 64% bzw. 50% von ihnen bekamen eine postoperative Chemotherapie. 40% und 29% komplettierten alle postoperativen Zyklen.

Die Raten an Erbrechen (8,3% vs. 6,7%), Diarrhoe (16,7% vs. 11,7%), Neutropenie (45% vs. 40%) und febriler Neutropenie (10% vs. 8,3%.) von Grad ≥3 waren unter Chemoradiotherapie etwas höher, lagen aber in ähnlichen Bereichen. Anastomoseninsuffizienz und intra-abdominale Sepsis von Grad ≥3 traten nach der Gastrektomie bei 7,8% bzw. 5,9% der Patienten in der Chemoradiotherapie-Gruppe auf und bei 5,6% bzw. 7,4% im Chemotherapie-Arm.

Die Studie ist nun in die Phase-III übergegangen, wo als primärer Endpunkt die Verbesserung des Gesamtüberlebens untersucht wird. Den Autoren zufolge sind inzwischen 202 Patienten aus 68 Studienzentren rekrutiert worden.


Fazit:
Die auf mehreren Kontinenten laufende /AGITG/EORTC-Studie TOPGEAR prüft die Hinzunahme einer prä-operativen Strahlentherapie zur perioperativen Chemotherapie. Das Ziel der Studie ist, eine Verbesserung des Überlebens um 10% nach 5 Jahren zu erreichen. Die jetzt vorgestellte Zwischenanalyse belegt die sichere Durchführbarkeit der neoadjuvanten Radiochemotherapie und nachfolgenden Gastrektomie. Weiterhin zeigte sich, dass die präoperative Chemoradiotherapie keinen Einfluss auf die Operations-Rate hatte. Es ist zu empfehlen, möglichst vielen Patienten mit lokalisierten Magenkarzinomen und Adenokarzinomen des ösophago-gastralen Übergangs die Teilnahme an der TOPGEAR-Studie zu ermöglichen.

In Zusammenarbeit mit Prof. Florian Lordick, Leipzig


(kg)

Quellen:
[1] Ychou M et al. Perioperative chemotherapy compared with surgery alone for resectable gastroesophageal adenocarcinoma: An FNCLCC and FFCD multicenter phase III trial. J Clin Oncol 2011; 29: 1715–21

[2] Cunningham D et al. Perioperative chemotherapy versus surgery alone for resectable gastroesophageal cancer. N Engl J Med 2006;355: 11–20

[3] S3-Leitlinie „Magenkarzinom - Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs“, unter: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/032-009OL.html, Stand: 5.2.2012

[4] Leong T et al. TOPGEAR: a randomised phase III trial of perioperative ECF chemotherapy versus preoperative chemoradiation plus perioperative ECF chemotherapy for resectable gastric cancer (an international, intergroup trial of the AGITG/TROG/EORTC/NCIC CTG). BMC Cancer. 2015; 15: 532.

[5] Leong T et al. TOPGEAR: A randomized phase II/III trial of perioperative ECF chemotherapy versus preoperative chemoradiation plus perioperative ECF chemotherapy for resectable gastric cancer. Interim results from an international, intergroup trial of the AGITG/TROG/NCIC CTG/EORTC. ECCO 2015; abstr. 2200; oral presentation