krebsgesellschaft.de, 12.02.2015

ASH 2014

Multiples Myelom: Prognostische Faktoren der Therapie

Die Zerstörung des hämatopoetischen Systems durch hochdosierte Chemotherapie gefolgt von einer autologen Übertragung von Stammzellen gilt derzeit als die wirksamste Behandlungsoption des multiplen Myeloms,  bei Patienten unter 70 Jahren und ist der alleinigen Chemotherapie überlegen. Die jeweilige Erfolgsrate wird beeinflusst von grundsätzlichen prognostischen Faktoren wie dem Krankheitsstadium, genetischen Aberrationen, dem Ansprechen der Induktionstherapie oder dem Karnofsky-Index. Dies zeigt die gepoolte Analyse zweier Phase-III-Studien, die auf dem 56. ASH-Meeting 2014 in San Francisco vorgestellt wurde.

Methodik
Es wurde eine gepoolte Analyse der Daten zweier multizentrischer Phase-III-Studien (RV-MM-PI-209, RV-MM-EMN-441) mit Myelompatienten unter 65 Jahren durchgeführt. Alle Patienten erhielten eine Induktionstherapie mit dem Immunmodulator Lenalidomid und Dexamethason. Im Anschluss wurden hämatopoetische Stammzellen mobilisiert und harvestiert. Danach wurden die Patienten randomisiert je einer Behandlungsgruppe zugewiesen; die erste Gruppe erhielt zwei Therapiezyklen Melphalan 200 mg/m² gefolgt von einer autologen Stammzellübertragung (Mel200-ASCT);  in der zweiten Gruppe mit alleiniger Chemotherapie (CC+R) wurden 6 Zyklen  Melphalan-Prednison plus Lenalidomid (RV-MM-PI-209) bzw. Cyclophosphamid-Dexamethason und Lenalidomide (RV-MM-EMN-441) verabreicht. Primäre Zielparameter waren die progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) und die Gesamtüberlebenszeit (OS), dabei wurden Subgruppen anhand der folgenden prognostischen Kriterien gebildet: Karnofsky-Index  (60-70%, 80-100%),  Krankheitsstadium nach dem International Staging System (ISS) (I, II, III), genetisches Profil/Chromsomenaberrationen (Anwesenheit oder Fehlen von del17 oder t(4;14) oder t(14;16)) und Ansprechen der Induktionstherapie (≥very good partial response (VGPR, <VGPR)). Data cut-off war im Juni 2014.

Ergebnisse
791 Patienten nahmen an den beiden Studien teil, die Daten von 529 Patieten flossen in die gepoolte Auswertung ein; davon erhielten 268 eine autologe Stammzelltherapie und 261 eine Chemotherapie plus Lenalidomid. Die Nachbeobachtungszeit betrug im Mittel 4 Jahre. Die autologe Blutstammzellübertragung war der bloßen Chemotherapie in allen Subgruppen signifikant überlegen: Progressionsfreies Überleben (Median): 42 vs. 24 Monate, Hazard Ratio (HR) 0,52, 95% KI 0,41-0,65, P<0,001; gesamtes Überleben (OS) nach 4 Jahren: 83% vs. 68%, HR 0,59, 95% KI 0,40-0,90 P=0,012).  Bei der Gesamtüberlebenszeit (OS) nach 4 Jahren profitierten am meisten Patienten mit einemKarnofsky-Index  von 80-100% (85% vs. 73%, HR 0,55, 95% KI 0,35-0,88, P=0,013) sowie Patienten in einem niedrigen Krankheitstadium (ISS Stage I disease) (OS 89% vs. 77%, HR 0,43, 95% CI 0,20-0,91, P=0,027); ferner Patienten ohne die Chromosomenaberrationen del17, t(4;14) und t(14;16) (87% vs. 78%, HR 0,57, 0,33-0,98, P=0,040) und schließlich Patienten mit einem sehr guten Ansprechen (≥VGPR) auf die Induktionstherapie mit Lenalidomid/Dexamethason (84% vs. 65%, HR 0,46, 95% CI 0,22-0,96, P=0,039).

Zusammenfassung und Bewertung
Wenn man die Schlüsselparameter Gesamtüberlebenszeit und progressionsfreies Intervall betrachtet, ist beim neu diagnostizierten multiplen Myelom die autologe Stammzellübertragung gegenüber der Chemotherapie hochsignifikant wirksamer. In der Subgruppenanalyse profitieren bei der Gesamtüberlebenszeit besonders Patienten mit einem Karnofsky-Index von 80-100%. Frühes Krankheitstadium (ISS Stage I), gutes Ansprechen auf die Induktiontherapie (≥VGPR) und das Fehlen der Chromosomenaberrationen del17, t(4;14) oder t(14;16) verbesserten die Prognose zusätzlich. Diese Ergebnisse bestätigen die Überlegenheit der autologen Stammzelltransplantation, die als Therapie der Wahl auch beim frühen Myelom gelten kann.

(mb)

 

Quelle:
[1] Francesca Gay et al.: Impact of Autologous Transplantation Vs. Chemotherapy Plus Lenalidomide in Newly Diagnosed Myeloma According to Patient Prognosis: Results of a Pooled Analysis of 2 Phase III Trials ASH 2014, San Francisco, Abstract 198  

In Zusammenarbeit mit Prof. Hartmut Goldschmidt, Heidelberg