krebsgesellschaft.de, 28.10.2015

ECC 2015

Magenkarzinom: Zugabe von Bevacizumab nicht effektiv

Im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte beim fortgeschrittenen Magenkarzinom und/oder Adenokarzinomen des ösophago-gastralen Übergangs (AEG) wird auch der Stellenwert zielgerichteter Substanzen untersucht. Eine beim Europäischen Krebskongress in Wien vorgestellte Studie zeigte, dass die Zugabe von Bevacizumab die Wirksamkeit der perioperativen Chemotherapie nicht verbessert.    


Die perioperative Therapie mit einer prä- und postoperativen Platin- und 5FU-basierten Chemotherapie über 8-9 Wochen ist Standard beim lokal fortgeschrittenen und/oder nodal-positiven Magenkarzinom und AEG. [1] Da es sich um einen Tumor mit starker Neoangiogenese handelt, könnte eine anti-angiogene Therapiestrategie vielversprechend sein. In der Zweitlinie wurde der VEGF-Rezeptor-Inhibitor Ramucirumab bereits zugelassen. [2] Der gegen den Liganden VEGF gerichtete monoklonale Antikörper Bevacizumab verbesserte beim fortgeschrittenen Magenkarzinom in Kombination mit Chemotherapie Ansprechraten und progressionsfreies Überleben (PFS), das Gesamtüberleben wurde jedoch nicht verlängert. [3] Eine von Cunningham et al. präsentierte britische Studie prüfte nun die Effektivität und Sicherheit einer zusätzlichen Gabe von Bevacizumab zur perioperativen Standardchemotherapie. [4]


Studiendesign
Die multizentrische, randomisierte Phase-II/III-Studie schloss Patienten mit einem resektablen Magenkarzinom oder Adenokarzinom des ösophago-gastralen Übergangs (AEG) ein. Sie erhielten entweder das Standardprotokoll mit 3 prä- and 3 postoperativen Zyklen Epirubicin 50mg/m2 (Tag 1), Cisplatin 60mg/m2 (Tag 1) und Capecitabin 1250mg/m2 (Tag 1-21) oder zusätzlich zur Standardchemotherapie Bevacizumab 7,5mg/kg (Tag 1). Die Behandlung mit dem Antikörper wurde darüber hinaus für 6 Zyklen fortgeführt. Primärer Endpunkt war die Verlängerung des Gesamtüberlebens, sekundäre Endpunkte umfassten krankheitsfreies und progressionsfreies Überleben (DSF, PFS), Chemotherapie-Ansprechraten und kurative Resektionsraten.

Ergebnisse
Insgesamt 1.063 Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 33 Monaten waren 472 Studienteilnehmer verstorben (Prüfarm: n=239, Kontrollarm: n=233). Der Unterschied war nicht signifikant (HR=1,07 (95%CI: 0,89-1,28; p=0,48). Nach drei Jahren lebten in beiden Armen vergleichbar viele Patienten (Prüfarm: 47,6%, Kontrollarm: 48,9%). Auch beim DSF und PFS zeigten sich keine Unterschiede (HR=1,01; 95%CI: 0,85-1,19; p=0,94 bzw. HR=1,03, 95%CI: 0,87-1,21; p=0,77). Ebenso war kein Effekt bezüglich der Ansprechraten auf die präoperative Chemotherapie (alle Patienten: 30% vs. 32%; Operierte Patienten: 38% vs. 39%) und der kurativen Resektionsraten nachweisbar (alle Patienten: 55% vs. 59%; operierte Patienten: 64% vs. 66%).

Verträglichkeit
Die Verträglichkeit war in beiden Armen ähnlich und vergleichbar mit den Ergebnissen früherer Studien. Die Rate postoperativer Komplikationen lag bei 56% vs. 48% zu Ungunsten des experimentellen Arms mit Bevacizumab; lebensbedrohlich waren diese bei 8% bzw. 7% der Patienten. Im Bevacizumab-Arm wurde eine deutlich erhöhte Rate postoperativer Anastomoseninsuffizienzen beobachtet (23% vs. 9%).


Fazit:
Die Studie zeigte, dass die Hinzunahme des anti-angiogenen Wirkstoffs Bevacizumab zur perioperativen Chemotherapie beim lokal fortgeschrittenen (tief die Magenwand infiltrierendes [T3 und T4] und/oder nodal positiven) Magenkarzinom und AEG keine Verbesserung des Ansprechens, der kurativen Resektionsrate, der Rezidivraten und der Überlebenszeit brachte.

In Zusammenarbeit mit Prof. Florian Lordick, Leipzig


(kg)


Quellen:
[1] S3-Leitlinie „Magenkarzinom - Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs“, unter: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/032-009OL.html, Stand: 5.2.2012
[2] Ohtsu A et al. Bevacizumab in combination with chemotherapy as first-line therapy in advanced gastric cancer: a randomized, double-blind, placebo-controlled phase III study. J Clin Oncol. 2011 Oct 20;29(30):3968-76
[3] Fuchs CS et al. Ramucirumab monotherapy for previously treated advanced gastric or gastro-oesophageal junction adenocarcinoma (REGARD): an international, randomised, multicentre, placebo-controlled, phase 3 trial. 2014, Lancet 383: 31–39
[4] Cunningham D et al. Peri-operative chemotherapy ± bevacizumab for resectable gastro-oesophageal adenocarcinoma: Results from the UK Medical Research Council randomised ST03 trial (ISRCTN 46020948). ECCO 2015; abstr. 2201