krebsgesellschaft.de, 10.07.2014

EHA 2014

EHA 2014: M. Hodgkin: Toxizitätsreduktion der Polychemotherapie als wichtiges Ziel

Beim Hodgkin-Lymphom (HL) standen auf dem EHA 2014 zwei Studien zur Toxizitätsreduktion der Polychemotherapie in der Erstlinientherapie im Mittelpunkt. Die HD13-Studie untersuchte, ob beim ABVD-Schema auf Bleomycin und/oder Dacarbazin verzichtet werden kann. Ein anderer Ansatz zur Verbesserung der Verträglichkeit ist die Implementierung zielgerichteter Substanzen in die Primärtherapie. In Targeted BEACOPP wird Brentuximab-Vedotin anstelle von Bleomycin und Vincristin untersucht.

HD13-Studie
Die Therapie mit 2x ABVD (Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin) mit anschliessender Bestrahlung gilt als derzeitiger Standard in der Behandlung für frühe und mittlere Stadien. Die Wirkung der vier Substanzen ABVD zusammen ist gut dokumentiert. Der Stellenwert der Einzelsubstanzen wurde nun in der vierarmigen HD13-Studie untersucht, in der ABVD mit AVD (ohne Bleomycin), ABV (ohne Dacarbazin) und AV (ohne Bleomycin und Dacarbazin) verglichen wurde.

Nachdem sich in den kontinuierlich durchgeführten Sicherheitsanalysen eine höhere Ereignisrate in beiden Therapiearmen ohne Dacarbazin (ABV, AV) zeigte, wurden diese beiden Therapiearme vorzeitig geschlossen. Auch in der aktuellen Endauswertung bestätigte sich die Unterlegenheit bei Weglassen von Dacarbazin: Unterschied im FFTF (freedom from treatment failure) nach 5 Jahren gegenüber ABVD von 11,5% (ABV) bzw. 15,2% (AV). Ausserdem zeigte die Endauswertung nun auch eine Unterlegenheit von AVD mit einem signifikanten FFTF-Unterschied von 3,9% gegenüber ABVD (HR = 1,5). Das Gesamtüberleben war in allen vier Therapiearmen vergleichbar gut mit 5-Jahresüberlebensraten von 97,6% (ABVD), 94,1% (ABV), 97,6% (AVD) und 98,1 (AV).

Zusammenfassender Kommentar:
Die bereits in einer früheren Auswertung dokumentierte Unterlegenheit bei Verzicht auf Dacarbazin wurde in der Endauswertung bestätigt. Neu gezeigt werden konnte, dass auch auf Bleomycin nicht ohne Effektivitätsverlust verzichtet werden kann. Die reduzierte Tumorkontrolle führte aber nicht zu einer kürzeren Gesamtüberlebenszeit. ABVD bleibt das Standardchemotherapie-Regime für die Therapie des HL in frühen Stadien.

Targeted BEACOPP-Studie
In Europa gilt BEACOPP eskaliert als Standard für jüngere HL-Patienten mit schlechtem Risikoprofil. Die damit erreichten hervorragenden Überlebenszeiten sind aber mit einer signifikanten Toxizität belastet, sodass in vielen Fällen die aufgrund von therapieassoziierten Nebenwirkungen, insbesondere durch Vincristin und Bleomycin, Dosisreduktionen notwendig sind. In einer retrospektiven Analyse der HD12/HD15-Studie (von Tresckow B et al. Blood 2013) führte ein vorzeitiger Abbruch von Vincristin oder Bleomycin wegen Nebenwirkungen nicht zu einem schlechteren Überleben.

In der laufenden Phase-2-Studie Targeted-BEACOPP erhielten die Patienten randomisiert sechs Zyklen eines geringer (BrECAPP) oder stärker (BrECADD) modifizierten BEACOPP-Protokolls, mit dem Ziel, die Nebenwirkungen zu reduzieren bei Erhalt der Effektivität des klassischen BEACOPP-Schemas. In beiden wurde Vincristin und Bleomycin durch das nebenwirkungsarme Immunkonjugat Brentuximab-Vedotin ersetzt, in der stärker modifizierten Variante zusätzlich Dacarbazin statt Procarbazin und Dexamethason statt Prednison gegeben. Die vorliegende Analyse umfasst die ersten 75 von insgesamt 100 rekrutierten Patienten.

In der Sicherheitsanalyse (65 Patienten mit zumindest zwei Zyklen) betrugen die Nebenwirkungsraten (Grad 3 oder 4) bei der Hämatotoxiztät bei beiden Varianten 93% und bei der Organtoxizität bei BrECAPP 13% und bei BrECADD 0%. Die korrespondierenden Raten in der HD15-Studie nach 4-6 Zyklen BEACOPP eskaliert lagen bei 91,7% (Hämatotoxizität) bzw. 14,1% (Organtoxizität). Periphere Neuropathien traten nur in leichter Ausprägung auf und betrafen 28% der Patienten. Bei 46 Patienten (24 im BrECAPP- und 22 im BrECADD-Arm) erfolgte eine Überprüfung des Behandlungserfolges nach Induktion (Restaging). In dieser Gruppe ergab die vorläufige Effektivitätsanalyse ein Ansprechen (primärer Endpunkt) von 91% (komplette oder PET-negative partielle Remissionen).

Zusammenfassender Kommentar:
Die vorläufige Zwischenauswertung ergab eine vergleichbare Wirksamkeit (Ansprechrate von 91%) und Hinweise für eine erniedrigte Toxizität (vergleichbare Hämatotoxizität, deutlich geringere Organtoxizität, kaum Neurotoxizität). Zur Beurteilung von Spättoxizitäten und für das PFS ist eine längere Nachbeobachtungszeit notwendig.

Quellen:

  1. Behringer K et al. Impact of bleomycin and dacarbazine within the ABVD regimen in the treatment of early-stage favourable Hodgkin lymphoma: final results of the (German Hodgkin Study Group) GHSG HD13 trial. EHA 2014, 12.–15. Juni, Mailand, Abstract S1290.
  2. Borchmann P et al. Targeted Beacopp Variants In Patients With Newly Diagnosed Advanced Stage Classical Hodgkin Lymphoma: Interim Results Of a Randomized Phase II Study. EHA 2014, 12.–15. Juni, Mailand, Abstract S1292.

(ge)

 

In Zusammenarbeit mit Prof. Martin Dreyling, München