krebsgesellschaft.de, 24.06.2015

ASCO 2015

Immuntherapie beim malignen Melanom

Die Immuntherapie – das zentrale Thema beim diesjährigen ASCO Annual Meeting - ist beim malignen Melanom bereits etabliert. Jedoch wurde deutlich, dass das Potenzial dieser Strategie noch weiter ausgeschöpft werden kann. Dies gelingt zum einen durch neue Substanzen, zum anderen durch die Kombination dieser Wirkstoffe. Vielversprechende Ergebnisse lieferten zwei Studien, in denen Nivolumab plus Ipilimumab als Erstlinientherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem malignem Melanom geprüft wurde. [1,2]

In Phase-I- und Phase-II-Studien hatten sich Hinweise auf einen synergistischen Effekt bei der Wirksamkeit von Nivolumab (ein PD-1-Checkpoint-Inhibitor) und Ipilimumab (ein CTLA-4-Checkpoint-Inhibitor) ergeben. [3,4] Nivolumab wurde von der FDA kürzlich zur Therapie beim malignen Melanom zugelassen. [5] Die Ergebnisse einer großen randomisierten Phase-III-Studie (CheckMate 067) wurden als Late-breaking-Abstract präsentiert.

Insgesamt 945 Patienten mit fortgeschrittenem malignen Melanom im Stadium III oder IV bekamen als Erstlinientherapie:

  • Nivolumab (1 mg/kg alle 2 Wochen) plus Ipilimumab (3mg/kg alle 3 Wochen) 4-mal, gefolgt von Nivolumab 3 mg/kg alle 2 Wochen; n=314)
  • nur Nivolumab (3mg/kg alle 2 Wochen; n=316) oder
  • nur Ipilimumab (4-mal 3mg/kg alle 3 Wochen; n=315).


Verglichen wurden die beiden Nivolumab-Arme mit der Ipilimumab-Kohorte. Co-primäre Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben. Zu den sekundären Studienzielen gehörten die objektive Ansprechrate (ORR) und die Verträglichkeit.

Signifikanter Vorteil bei PFS und Ansprechrate
Nach einem Follow-up von 9 Monaten zeigte sich eine signifikante Verlängerung des PFS und der ORR durch die Nivolumab-haltigen Therapien im Vergleich mit Ipilimumab. Das PFS betrug im Kombinationsarm 11,5 Monate, unter Nivolumab 6,9 Monate und mit Ipilimumab 2,9 Monate (HR=0,42 bzw. 0,57; jeweils p<0000,1). Die Ansprechrate lag bei 57,6% bzw. 43,7% vs. 19,0% (jeweils p<0,001). In den Nivolumab-Armen hatten 11,5% bzw. 8,9% eine komplette und 46,2% bzw. 34,8% der Patienten eine partielle Remission (vs. 2,2% und 16,8% unter Ipilimumab). Auf die Kombination sprachen die Teilnehmer knapp doppelt so lange an wie auf Ipilimumab (13,1 vs. 6,9 Monate) und die Tumorlast reduzierte sich um mehr als die Hälfte (-51,9% vs. -5,9% mit Ipilimumab). Patienten mit niedriger PD-L1–Expression (<1%) profitierten stärker von der Kombination als von Nivolumab allein (11,2 und 2,8 Monate). Jedoch war auch die Ansprechrate bei hoher PD-L1-Expression unter der Kombination höher als unter Nivolumab Monotherapie (72,1% vs. 57,5 %).

Ein kritischer Punkt bei der Potenzierung von zwei Immuntherapien ist die Verträglichkeit. In dieser Studie traten bei 55,0% der Kombinations-Patienten aber nur bei 16,3% der Nivolumab-Patienten therapiebedingte Nebenwirkungen Grad 3-4 auf (Ipilimumab: 27,3%), am häufigsten waren das Diarrhoe (9,3%, 2,2%, 6,1%), AST-Erhöhung (6,1%, 1,0%, 0,6%), ALT-Anstieg (8,3%, 1,3%, 1,6%) und Colitis (7,7%, 0,6%, 8,7%). Zum Therapieabbruch führten Nebenwirkungen aller Grade bei 36,4% bzw. 7,7% vs. 14,8% der Patienten.

Vergleichbare Ergebnisse in Phase-II-Studie
Eine Phase-II-Studie (CheckMate 069) kam zu sehr ähnlichen Ergebnissen. Hier wurden 142 therapienaive Patienten mit metastasiertem oder inoperablem malignem Melanom unabhängig vom BRAF-Mutationsstatus randomisiert auf

  • 4-mal Ipilimumab 3 mg/kg plus Nivolumab 1 mg/kg alle drei Wochen gefolgt von Nivolumab 3 mg/kg alle 2 Wochen (n=95) oder
  • 4-mal Ipilimumab 3 mg/kg plus Placebo gefolgt von Placebo alle 2 Wochen (n=47).


Primärer Endpunkt war die ORR bei Patienten mit BRAF-Wildtyp. Sekundäre und exploratorische Studienziele umfassten unter anderem ORR und PFS bei Patienten mit BRAF-Mutation und die Verträglichkeit. [2]

Alle Subgruppen profitierten
Unter Kombintionstherapie zeigte sich eine signifikant höhere ORR (alle Patienten: 59% vs. 11%; p<0,0001). Dieser Vorteil war unabhängig von allen untersuchten Prognosefaktoren, wie z.B. Alter, Metastasen-Stadium und BRAF-Mutationsstatus. Nur im Kombinationsarm gab es komplette Remissionen (22% vs. 0%), die Rate an partiellen Remissionen war auch dreimal so hoch wie im Kontrollarm (37% vs. 11%). Auffallend war zudem eine hohe Rate an längerfristigen Remissionen (46 von 56 Patienten nach 11 Monaten; 82%). Der Median beim PFS wurde im Prüfarm noch nicht erreicht (vs. 3,0%).

54% der Patienten entwickelten mit der dualen Immuntherapie eine Nebenwirkung Grad 3–4 vs. 24% unter Ipilimumab. Überwiegend konnten diese mit immunsuppressiven Maßnahmen behandelt werden. Die Therapieabbruchrate lag bei den betroffenen Teilnehmern bei 38% vs. 13%.

Fazit:
Beide Studien zeigten konsistente Daten: Nivolumab führte sowohl in Kombination mit Ipilimumab als auch als Monotherapie gegenüber Ipilimumab zu einem signifikanten Vorteil beim PFS und der Ansprechrate. Durch die Kombination kann die Wirksamkeit noch erhöht werden. Die Rate an Nebenwirkungen von Grad 3-4 war insgesamt hoch und stellt in der klinischen Praxis besondere Anforderungen an das Therapiemanagement. Insgesamt wird der bisherige Erstlinien-Standard mit Ipilimumab durch die Ergebnisse dieser Studien in Frage gestellt.

In Zusammenarbeit mit Prof. Jürgen C. Becker, Essen

(red)

Quellen:

[1] Wolchok JD et al. Efficacy and safety results from a phase III trial of nivolumab (NIVO) alone or combined with ipilimumab (IPI) versus IPI alone in treatment-naive patients (pts) with advanced melanoma (MEL) (CheckMate 067). J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr LBA1); oral presentation

[2] Hodi FS et al. Clinical response, progression-free survival (PFS), and safety in patients (pts) with advanced melanoma (MEL) receiving nivolumab (NIVO) combined with ipilimumab (IPI) vs IPI monotherapy in CheckMate 069 study. J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr 9004); oral presentation

[3] Wolchok JD et al. Nivolumab plus ipilimumab in advanced melanoma. N Engl J Med. 2013 Jul 11;369(2):122-33. doi: 10.1056/NEJMoa1302369

[4] Postow MA et al. Nivolumab and ipilimumab versus ipilimumab in untreated melanoma. N Engl J Med. 2015 May 21;372(21):2006-17

[5] Robert C et al. Nivolumab in previously untreated melanoma without BRAF mutation. N Engl J Med. 2015 Jan 22;372(4):320-30.