krebsgesellschaft.de, 24.06.2015
ASCO 2015
Immuntherapie beim hepatozellulären Karzinom
In der Therapie des hepatozellulären Karzinoms (HCC) gab es in den letzten Jahren kaum Bewegung, dabei zählt dieser Tumor zu den zehn häufigsten Krebstodesursachen. [1] Neue Hoffnung machen jetzt Immuntherapien. Insbesondere der Oberflächenrezeptor PD-1 und sein Ligand PD-L1 stellen eine interessante Zielstruktur dar undderen Expression korreliert beim HCC mit einer schlechten Prognose. Positive Signale lieferte die Interimsanalyse einer Phase I/II-Studie mit dem Checkpoint-Inhibitor Nivolumab. [2].
Kontrollpunkte („Checkpoints“) im Immunsystem sorgen dafür, dass Autoimmunreaktionen abgewehrt werden, indem sie die Aktivierung von T-Zellen unterdrücken. Ein solcher Kontrollpunkt ist der PD-1-Rezeptor, der auf der Oberfläche von aktivierten T-Zellen exprimiert wird. Durch die Interaktion mit PD-L1wird die Immunabwehr abgeschwächt.
Krebszellen können sich maskieren, indem sie ebenfalls PD-L1 exprimieren. Damit verhindern sie eine Vernichtung durch die Immunantwort. Indem Nivolumab an PD-1 bindet, wird der immunsupprimierende Signalweg blockiert.Nivolumab in verschiedenen Dosierungen
Sicherheit
und Wirksamkeit von Nivolumab wurden beim HCC in einer
Dosisfindungsstudie geprüft. Eingeschlossen waren HCC-Patienten mit
progredienter Erkrankung und einem Child-Pugh-Score ≤ 7 mit mindestens
einer systemischen Vortherapie. Die Dosissteigerung erfolgte jeweils in
drei Kohorten bei Patienten ohne Hepatitis, mit Infektion durch
Hepatitis-B (HBV+) und Hepatitis C (HCV+). Die Dosierung von Nivolumab
wurde schrittweise von 0,1 bis auf 10 mg/kg i.v. eskaliert und bis zu
zwei Jahre gegeben. Primärer Endpunkt waren Sicherheit und
Verträglichkeit, sekundär wurde die Anti-Tumor-Aktivität nach RECIST 1.1
untersucht.
Vertretbares Nebenwirkungsprofil
An
der Studie nahmen 47 HCC-Patienten teil. Der Child-Pugh-Score betrug
überwiegend 5 (87%). 11 Patienten hatten eine Infektion mit HBV, 12 mit
HCV. 70% wiesen extrahepatische Metastasen auf und 68% hatten bereits
eine Vortherapie mit Sorafenib bekommen. Die Rate an therapiebedingten
Nebenwirkungen lag bei 68%, darunter waren 17% Grad 3 und 2% Grad 4. Zu
den häufigsten unerwünschten Ereignissen (≤ 5%) aller Grade gehörten ein
AST-Anstieg (19%), Rash (17%) und eine Lipase-Erhöhung (17%), letztere
in einem Fall von Grad 4. Häufigste Grad-3-Nebenwirkungen waren erhöhte
Werte von AST- und ALT (11% bzw. 9%). Eine maximal tolerable Dosis wurde
in keiner der Kohorten definiert.
Bei 42 Patienten war das Ansprechen auswertbar. Zwei Patienten ohne Hepatitis-Infektion erreichten eine komplette und 6 eine partielle Remission, bei 20 Patienten konnte die Erkrankung stabilisiert werden (PR und SD jeweils in allen drei Kohorten). Die Ansprechrate lag bei 19%. Sieben Patienten sprachen innerhalb der ersten 3 Monate auf die Therapie mit Nivolumab an. Bei 6 Teilnehmern hielt die Remission zum Auswertungszeitpunkt noch an (jeweils 3 HBV+ und HCV+), 2 Patienten hatten die Behandlung wegen Eintretens einer kompletten Remission beendet. Bei 14 Patienten wurde ein Progress festgestellt.
Die exploratorisch ermittelte Gesamtüberlebensrate lag nach 6 Monaten bei 70% und nach 12 Monaten bei 62%.
Fazit:
Die
Therapie mit Nivolumab hat in dieser Studie ein akzeptables
Sicherheitsprofil bei Patienten mit HCC gezeigt, dies gilt auch für
Patienten mit einer Hepatitis-C- oder Hepatitis-B-Infektion. Über
unterschiedliche Dosislevel hinweg wurden anhaltende Remissionen und
vielversprechende Überlebensraten beobachtet. Auch wenn die Daten
präliminär sind, rechtfertigen sie die weitere Entwicklung von
PD-1-Blockern beim Leberzellkarzinom und lassen die Hoffnung auf eine
neue wirksame Behandlungsoption bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC
zu.
In Zusammenarbeit mit Prof. Florian Lordick, Leipzig
Quellen:
[1] Krebs in Deutschland 2009/2010. 9. Ausgabe. Robert Koch-Institut (Hrsg.) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg.). Berlin, 2013
[2] El-Khoueiry AB et al. Phase I/II safety and antitumor activity of nivolumab in patients with advanced hepatocellular carcinoma (HCC): CA209-040. J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr LBA101); oral presentation