krebsgesellschaft.de, 20.11.2014

ESMO 2014

ESMO 2014: mCRC: Neue molekulare Analysen aus FIRE-3 und CALGB-80405

Patienten mit metastasiertem kolorektalen Karzinom (mCRC) können heute mit Chemotherapie plus EGFR- oder plus VEGF-Antikörper in der Erstlinie lange überleben, wie die Studien FIRE-3 und CALGB-80405 zum direkten Vergleich von Cetuximab mit Bevacizumab zeigen: Hier betrug das mediane Überleben mehr als zweieinhalb Jahre. Dabei fällt der Effekt des EGFR-Antikörpers stärker aus, wenn man das Patientenkollektiv weiter präzisiert  und den Gesamt-RAS-Mutationsstatus – also KRAS- und NRAS-Mutationen – in den Exons 2, 3 und 4 bestimmt, und nur dann mit dem EGFR-Antikörper behandelt, wenn diese Genabschnitte unmutiert sind (RAS-Wildtyp). Beim ESMO 2014 wurden die RAS-WT-Analysen aus der CALGB 80405- und FIRE-3-Studie präsentiert.
 
CALGB 80405: Gesamtüberleben von über 30 Monaten [1, 2]
Die bereits beim ASCO vorgestellte Analyse der KRAS-WT-Kohorte zeigte, dass beide Therapiestrategien (EGFR- vs. VEGF-Antikörper mit Kombinations-Chemotherapie) hinsichtlich des Gesamtüberlebens (primärer Endpunkt) und progressionsfreien Überlebens praktisch identisch waren. Dies war auch in der aktuellen Analyse der RAS-WT-Kohorte der Fall: Das mediane OS betrug im Cetuximab-Arm 32 Monate und im Bevacizumab-Arm 31,2 Monate (HR=0,9; p=0,4), das PFS lag bei 11,4 Monate vs. 11,3 Monate (HR=1,1; p=0,31). Einzig beim RECISTm Tumoransprechen bestand ein Vorteil zugunsten von Cetuximab (68,6% vs. 53,8% (p<0,01).      
 
In der CALGB-Studie konnten 180 Patienten zusätzlich zur systemischen Therapie einer Operation in kurativer Absicht, 105 im Cetuximab- und 75 im Bevacizumab-Arm, unterzogen werden. 132 davon erreichten Krankheitsfreiheit („no evidence of disease“), das heißt, postoperativ war kein Tumor mehr nachzuweisen. In dieser Subgruppe (KRAS-WT) war das Gesamtüberleben mit median 60 Monaten deutlich länger als im Gesamtkollektiv, wobei kein Unterschied zwischen den zuvor mit Cetuximab und Bevacizumab Vorbehandelten bestand.

Eine Analyse der RAS-WT-Kohorte ist noch vorgesehen.

 
FIRE-3: Ansprechen, frühe Tumorschrumpfung und Remissionstiefe
Die FIRE-3-Studie zeigte in der ITT-Population (alle rekrutierten Patienten mit KRAS-WT) beim sekundären Endpunkt Gesamtüberleben einen deutlichen Vorteil zugunsten des Cetuximab-Arms (28,7 Monate vs. 25 Monate; HR 0,77; p=0,017), aber nicht beim Vergleich der Ansprechraten (primärer Endpunkt) und beim PFS. In der nun vorgestellten finalen Analyse der RAS-WT-Kohorte, die 400 Patienten umfasste, war die Differenz in der Hazard´s Ratio (HR 0.697) und im medianen OS mit 8,1 Monaten noch ausgeprägter (33,1 Monate vs. 25 Monaten, (p=0,0059). Der Unterschied beim Ansprechen und PFS war auch in der RAS-Kohorte nicht signifikant (ORR: 65,8% vs. 58,2%; p=0,92 und PFS: 10,3 Monate vs. 10,2 Monate; p=0,77).

Eine nachträglich durchgeführte unabhängige radiologische Auswertung nach RECIST-Kriterien (459 Patienten) zeigte im Cetuximab-Arm signifikant höhere Raten hinsichtlich Ansprechen (72% vs. 56%; p=0,003), früher Tumorschrumpfung (68,2% vs. 49,1%; p=0,0005) und „Tiefe der Response“ (48,2% vs. 33%). Sowohl das Auftreten einer frühen Tumorschrumpfung als auch das der „tiefen Response“ waren mit einem längeren Überleben korreliert. Diese Ergebnisse könnten womöglich dazu beitragen, den signifikanten Überlebensvorteil im Cetuximab-Arm zu erklären. Wichtiger ist aber, dass diese Ergebnisse ein wichtiger Hinweis für die Therapieauswahl sind, wenn eine symptomatische Erkrankung vorliegt, die einen raschen Rückgang der Tumorgröße erfordert, oder wenn eine „kritische“ Situation hinsichtlich Resektionsoption, bei der „jeder Millimeter zählt“, vorliegt.

 
Zusammenfassender Kommentar:
In beiden Studien wurde ein bisher unerreichtes medianes Gesamtüberleben von mehr als 30 Monaten in beiden Behandlungsarmen erzielt, mit einer Langzeitüberlebensrate von 8%, und daher setzen diese beiden Studien damit einen neuen Standard in der Erstlinientherapie des mCRC.
 
Die primäre RAS-Mutationsbestimmung spielt als prädiktiver Biomarker eine Schlüsselrolle für den Einsatz einer anti-EGFR-Therapie und wird heute generell empfohlen. Bei Patienten mit nachgewiesener RAS-Mutation oder unbekanntem RAS-Status soll keinesfalls ein EGFR-Antikörper zur Anwendung kommen. Bei Patienten mit RAS-WT zeigen die Studien unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Überlegenheit eines EGFR-Antikörpers gegenüber dem VEGF-Antikörper als Kombinationspartner. Letztendlich sind aber alle Chemo-Antikörper-Kombinationen als Therapiestandards anzusehen.

(ge) 


Quellen:
Lenz H et al. CALGB/SWOG 80405: Phase III trial of irinotecan/5-FU/leucovorin (FOLFIRI) or oxaliplatin/5-FU/leucovorin (mFOLFOX6) with bevacizumab (BV) or cetuximab (CET) for patients (pts) with KRAS wild-type (wt) untreated metastatic adenocarcinoma of the colon or rectum (MCRC). ESMO 2014, Madrid, Abstract 5010.Venook A et al. CALGB/SWOG 80405: Outcome of patients treated with curative intent. ESMO 2014, Madrid, Abstract LBA10.Stintzing S et al. Independent radiological evaluation of objective response rate, early tumor shrinkage, and depth of response in FIRE-3 (AIO KRK-0306). ESMO 2014, Madrid, Abstract LBA11. 

In Zusammenarbeit mit Prof. Dirk Arnold, Freiburg