krebsgesellschaft.de, 24.06.2015
ASCO 2015
Enzalutamid bei triple-negativem Brustkrebs
Das triple-negative Mammakarzinom (TNBC) ist eine heterogene Erkrankung. Die Identifizierung weiterer molekularbiologischer Subgruppen bietet die Chance, neue, zielgerichtete Therapien für diese schwer zu behandelnde Population zu entwickeln. Insbesondere PD-L1 und Androgenrezeptoren scheinen interessante Targets zu sein. [1, 2] Eine Studie evaluierte die Prävalenz der Androgenrezeptor- und PD-L1-Expression beim TNBC sowie prädiktive Faktoren, insbesondere in Hinblick auf eine BRCA1-Mutation. [3] Zudem wurden Interimsergebnisse einer Phase-II-Studie mit dem Androgenrezeptor-Antagonisten Enzalutamid vorgestellt. [4]
Tung et al. untersuchten Proben von 197 Patientinnen mit einem TNBC, von denen 39,6% eine Mutation im BRCA1-Gen (BRCA1+) aufwiesen. 18,0% waren schwach (≥ 1%) und 11,3% stark positiv für eine Androgenrezeptor-Expression (AR+; ≥ 10%), bei 26% fand sich ein positiver PD-L1-Status (PD-L1+; ≥ 1%).
Prädiktive Faktoren für PD-L1- und Androgenrezeptor-Expression
PD-L1: Die
PD-L1-Expression war unabhängig vom BCRA1-Status (p=0,35), jedoch
häufiger mit AR+ assoziiert. Prädiktive Faktoren für eine
PD-L1-Expression waren Lymphozyteninfiltrationen, AR+ und die
Abwesenheit von lymphovaskulären Infiltrationen.
AR+: Bezüglich der Rate an AR+ zeigte sich eine signifikante Korrelation mit einer BCRA1-Mutation (9,2% vs. 23,7%; p=0,01). Ältere Frauen mit einem niedrigeren Tumor-Grading und PD-L1-Expression waren häufiger AR+ als jene ohne diese Merkmale.
Androgenrezeptor-Inhibition mit Enzalutamid
Die
Wirksamkeit einer Androgenrezeptor-Inhibition beim TNBC wurde durch
aktuelle Interimsergebnisse einer Phase-II-Studie mit Enzalutamid
gestützt. Der AR-Inhibitor ist in der Therapie des metastasierten
kastratonsresistenten Prostatakarzinoms eine etablierte Therapieoption.
Im Vergleich mit Bicatulamid bzw. Placebo zeigte sich sowohl ein
signifikanter Vorteil beim Gesamüberleben als auch beim
progressionsfreien Überleben (PFS). [5,6] Enzalutamid wirkt simultan an
drei verschiedenen Stellen des Androgenrezeptor-Signalwegs: Der
Wirkstoff verhindert die Bindung von Androgenen an den Androgenrezeptor,
den Transport des Androgenrezeptorkomplexes zum Kern der Tumorzellen
(Translokation) und reduziert die Bindung des Androgenrezeptors an die
DNA.
Immunhistochemischer Nachweis von AR und spezifische Gensignatur
Eine
von Traina et al. präsentierte offene Phase-II-Studie evaluierte
Enzalutamid bei Patientinnen mit metastasiertem AR+ TNBC. Positiv war
ein immunhistoechemischer (ICH) Nachweis von AR >0%. Um die
Ergebnisse für AR+ genauer analysieren zu können, wurde darüber hinaus
eine androgenspezifische Gensignatur (PREDICT AR+/-)
entwickelt. Eingeschlossen waren Patientinnen mit fortgeschrittenem TNBC
und ECOG-Status ≤ 1. Die Zahl der Vortherapien spielte keine Rolle,
jedoch durften die Teilnehmerinnen keine ZNS-Metastasen haben. Primärer
Endpunkt war der klinische Nutzen, definiert als komplette bzw.
partielle Remission oder Krankheitsstabilisierung nach 16 Wochen bei
evaluierbaren Patientinnen. Als evaluierbar galten sie mit AR-IHC
≥10% und auswertbarem Ansprechen. Weitere Endpunkte waren der klinische
Nutzen nach 24 Wochen, das PFS, die Ansprechrate (OR) und die
Verträglichkeit.
Insgesamt 118 Patientinnen mit AR-IHC >0% wurden in die Studie eingeschlossen (Intent-to-treat-Population). 89 hatten eine AR-IHC ≥10%. Letztlich waren die Daten von 75 Teilnehmerinnen auswertbar (evaluierbare Patientinnen). Das Alter lag im Median bei 53,5 Jahren, 61,5% hatten viszerale Metastasen, und im Median hatten die Teilnehmerinnen bereits eine Chemotherapie bekommen.
Ein Drittel der Patientinnen hatte klinischen Nutzen
Der
klinische Nutzen lag nach 16 Wochen bei 35% und nach 24 Wochen noch bei
29% (IIT: 25% bzw. 20%). Es gab 6 komplette oder partielle Remissionen
(ITT: 7). Besonders deutliche Unterschiede zeigten sich, als die
Ergebnisse nach dem Gensignatur-Score stratifiziert wurden:
Teilnehmerinnen mit PREDICT AR+ (n=56; 47%) hatten nach 16 Wochen einen
klinischen Nutzen von 39% im Vergleich zu 11% bei Patientinnen ohne
dieses Merkmal (n=62; 53%). Nach 24 Wochen betrugen die Raten 36% vs.
6%. Das PFS lag in der evaluierbaren Kohorte im Median bei 14,7 Wochen
(ITT: 12,6 Wochen) bzw. 40,4 Wochen (PREDICT AR+) vs. 8,9 Wochen bei
Frauen, die Enzalutamid als Erst- oder Zweitlinientherapie bekommen
hatten (PREDICT AR-; HR=0,45; p=0,004). Über 50% (n=62) bekamen
Enzalutamid als Erst- oder Zweitlinientherapie, wobei jene mit 0 bis 1
Vortherapien signifikant stärker profitierten als diejenigen mit mehr
als 2 Vortherapien (HR=0,48; p=0,0001).
Therapiebedingte Nebenwirkungen, die bei mehr als 10% der ITT-Population auftraten, waren Fatigue (34%), Übelkeit (25%), Appetitverlust (13%), Diarrhoe und Hitzewallungen (jeweils 10%). Fatigue (≥5%) war die einzige Nebenwirkung ≥ Grad 3.
Fazit:
Eine
Androgenrezeptor-Expression wird beim TNBC mit BRCA1-Mutation
signifikant seltener gefunden als bei sporadischen Tumoren. Die
Häufigkeit von PD-L1+ ist dagegen nicht mit dem BRCA1-Status assoziiert.
Das Auftreten von PD-L1- und Androgenrezeptor-Expression korreliert
untereinander. Diese Daten unterfüttern die potenzielle Bedeutung von
AR- und Immuntherapien beim TNBC. Das bestätigte sich in der
vorgestellten Phase-II-Studie mit Enzalutamid bei Patientinnen mit einem
TNBC, die eine vielversprechende Antitumor-Aktivität zeigte. Bei den
Patientinnen mit AR-spezifischer Gensignatur war im Vergleich zu den
Frauen ohne diese ein signfikanter Vorteil bei klinischem Nutzen und PFS
zu beobachten. Das Toxizitätsprofil von Enzalutamid war konsistent mit
den bereits bekannten Daten.
In Zusammenarbeit mit Prof. Diana Lüftner, Berlin
Quellen:
[1] Gucalp A. et al. Phase II trial of bicalutamide in patients with androgen receptor-positive, estrogen receptor-negative metastatic Breast Cancer. Clin Cancer Res. 2013 Oct 1;19(19):5505-12. doi: 10.1158/1078-0432.CCR-12-3327. Epub 2013 Aug 21.
[2] Emens LA, et al. Inhibition of PD-L1 by MPDL3280A leads to clinical activity in patients with metastatic triple-negative breast cancer (TNBC)" AACR 2015; Abstract 6317.
[3] Tubg NM et al. Prevalence and predictors of androgen receptor (AR) and programmed death-ligand 1 (PD-L1) expression in BRCA1-associated and sporadic triple negative breast cancer (TNBC). J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr 1005); oral presentation
[4] Traina TA et al. Results from a phase 2 study of enzalutamide (ENZA), an androgen receptor (AR) inhibitor, in advanced AR+ triple-negative breast cancer (TNBC). J Clin Oncol 33, 2015 (suppl; abstr 1003); oral presentation
[5] Scher HI et al. Increased survival with enzalutamide in prostate cancer after chemotherapy. N Engl J Med. 2012 Sep 27;367(13):1187-97
[6] Tombal B et al. Enzalutamide in men with chemotherapy-naïve metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC): Final overall survival analysis of the phase 3 PREVAIL study. Abstract presented at EAU 2015