krebsgesellschaft.de, 28.10.2011

ESMO 2011

Mindestmengen und Zentralisierung der chirurgischen Eingriffe verbessern das klinische Outcome beim Ösophaguskarzinom

Immer wieder wurde in der Vergangenheit bei bestimmten Eingriffen der Ruf nach Mindestmengen laut. Krankenhäuser, die eine große Zahl sehr ähnlicher Operationen vornehmen („high hospital volume“), würden – so die Annahme – aufgrund der Routine bessere Ergebnisse bringen. Inwieweit Patienten tatsächlich von der chirurgischen Erfahrung profitieren, zeigten die auf dem ESMO 2011 vorgestellten Studienergebnisse einer Forschergruppe aus den Niederlanden beispielhaft für Magen- und Speiseröhrenkrebs.

Zwischen 1989 und 2009 mussten sich in den Niederlanden 10.025 Patienten einer Ösophagektomie und 14.221 Patienten einer Gastrektomie unterziehen – jeweils aufgrund nicht-metastasierter Tumorerkrankung. Die Fallzahlen der beteiligten Kliniken („hospital volume“) wurden für die Ösophagektomie als niedrig (1-10/Jahr), mittel (11-20/Jahr) oder hoch (>20/Jahr) eingestuft. Bei Gastrektomien wurden die Grenzen der Kategorien leicht abweichend gezogen (1-5, 6-10, mehr als 10). Seit 2006 gilt in den Niederlanden zudem für Ösophagektomien die Mindestmenge von zehn Eingriffe pro Jahr, bei Gastrektomien gibt es bis heute keine Untergrenze. Ziel der Studie war es, für beide Eingriffe über 20 Jahre den Verlauf der OP-Volumina zu beschreiben und ins Verhältnis zur postoperativen Mortalitäts- und Überlebensrate zu setzen.

Zentralisierung nur bei Gastrektomien

Wie die Auswertungen zeigen, entwickelte sich im Studienzeitraum bei Ösophagektomien und Gastrektomien der Anteil an Patienten, die zur Operation in Kliniken mit hohen Fallzahlen gingen, in entgegengesetzte Richtungen: Bei den Ösophagektomien war eine starke Zunahme von 7% auf 64% zu verzeichnen, bei Gastrektomien ein Rückgang von 53% auf 23%. Die 6-Monatsmortalität post operationem konnte in beiden Gruppen über die Jahre gesenkt werden, bei Ösophagektomien (15% auf 7%) jedoch deutlich stärker als bei Gastrektomien (18% auf 13%). Ein ähnliches Bild zeigt sich hinsichtlich des 3-Jahresüberlebens, das im Laufe der Jahre bei Ösophagektomierten von 33% auf 47% deutlich anstieg, sich bei Gastrektomierten jedoch nur gering von 44% auf 49% verbesserte.

Magenkarzinom: Patienten profitieren von „high volume“

Die Zusammenhänge wurden mithilfe von Cox-Regressionsanalysen ausgewertet. Dabei waren verschiedene Anpassungen nötig, um der Multimodalität der Behandlungen und den unterschiedlichen Fallkonstellationen Rechnung zu tragen.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass ein hohes OP-Volumen im Fall von Ösophagektomien sowohl mit einer niedrigeren 6-Monatsmortalität (HR 0,47, p<0,001) als auch mit einem verbesserten 3-Jahresüberleben (HR 0,74, p<0,001) korreliert. Die Anzahl präparierter Lymphknoten ist höher (RR 1,7, p<0,001). Für Gastrektomien konnten diese Zusammenhänge nicht gezeigt werden, da eine nachhaltige Zentralisierung nicht stattgefunden hat.

Fazit und Ausblick

Offensichtlich hat eine zentralisierte Durchführung von Ösophagektomien eindeutig positive Auswirkungen auf die Prognose der Patienten. Die postoperative Mortalität konnte gesenkt und das Überleben verbessert werden. Im Gegensatz verbesserte sich die Prognose für Patienten mit Magenkarzinom, die in den Niederlanden nach wie vor auch in Kliniken mit geringem oder mittlerem Volumen operiert werden, nicht wesentlich. Die Autoren sehen deshalb dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich chirurgischer und perioperativer Versorgung von Magenkrebspatienten.

Quelle:
Dikken JL, et al. Centralization for esophagectomy but not for gastrectomy in the Netherlands. The relation between annual hospital volume, postoperative mortality an long term survival. ESMO 2011; Abstract # 6503.
(sm)

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Florian Lordick, Braunschweig