krebsgesellschaft.de, 19.10.2011

ECCO 2011

Erste randomisierte Studie mit dem PARP-Inhibitor Iniparib bei NSCLC

Eine mögliche neue Substanzklasse in der Onkologie sind die so genannten PARP-Inhibitoren. Der erste Vertreter, der bereits in der klinischen Prüfung untersucht wird, ist Iniparib. Zunächst wurden bei Patientinnen mit triple negativem Mammakarzinom in einer Phase-II-Studie viel versprechende Ergebnisse erzielt. Nun liegen die Ergebnisse der ersten randomisierten Studie zum Einsatz von Iniparib bei nicht kleinzelligem Lungenkarzinom vor.

Die Abkürzung PARP steht für Poly-(ADP-Ribose)-Polymerase und umfasst eine Gruppe von Enzymen, die wichtig für den Erhalt der DNA ist. Die DNA ist ständig schädigenden Einflüssen ausgesetzt, deren Auswirkungen durch Reparaturenzyme wieder beseitigt werden können. Das wichtigste Enzym dieser Gruppe ist PARP-1, das an der Reparatur von Einzelstrangbrüchen beteiligt ist. Normalerweise können sich verschiedene Reparaturmechanismen gegenseitig ersetzen, fällt ein Mechanismus aus, springt ein anderer ein. Allerdings weisen Tumorzellen bereits häufig Defekte in den Reparaturmechanismen auf, zum Beispiel in der so genannten homologen Rekombination, die bei Zellen mit mutierten BRCA1- oder -2-Genen nicht mehr funktioniert. Wird bei solchen Zellen nun die Reparatur über PARP-1 unterbunden, sterben die Zellen ab.

Dieses Wirkprinzip steht hinter der möglichen neuen Substanzgruppe der PARP-Inhibitoren, ein erster Vertreter ist Iniparib, das bisher vor allem bei Mammakarzinom untersucht wurde. Nun liegen Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit des PARP-Inhibitors bei fortgeschrittenem nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) vor.

Randomisierte, offene Phase-II-Studie: Iniparib bei NSCLC

119 Patienten mit NSCLC im Stadium IV, die bisher noch keine Chemotherapie erhalten hatten, bekamen randomisiert zusätzlich zu einer Chemotherapie mit Gemcitabin und Cisplatin den neuen PARP-Inhibitor Iniparib in einer Dosierung von 5,6 mg/kg an den Tagen 1, 4, 8 und 11 der 3-wöchigen Zyklen (n=77) oder Plazebo (n=39). Primärer Endpunkt der Studie war die Ansprechrate, sekundäre Endpunkte waren unter anderem progressionsfreies und Gesamtüberleben sowie die Verträglichkeit der Therapie.

Die Patienten waren im Mittel 59 Jahre alt, 12% der Patienten hatten ein Plattenepithel- und 70% ein Adenokarzinom. Die Patienten in der Verum-Gruppe hatten einen etwas besseren Allgemeinzustand mit einem Anteil von 69% der Patienten ohne Funktionseinschränkung (ECOG 0), in der Vergleichsgruppe lag dieser Anteil nur bei 49% der Patienten.

Ergebnisse zur Wirksamkeit enttäuschend

Der Anteil der Patienten mit kompletter oder partieller Tumorremission oder wenigstens einer Stabilisierung der Erkrankung unterschied sich nicht signifikant zwischen den beiden Gruppen. Mit dem zusätzlichen PARP-Hemmer betrug die Gesamtansprechrate 21% (95%-Konfidenzintervall:13–42%) gegenüber 26% in der Kontrollgruppe (95%-Konfidenzintervall:13–32%). Damit wurde der primäre Endpunkt der Studie nicht erreicht.

Beim progressionsfreien Überleben zeigte sich zwar ein Trend zugunsten der neuen Therapie, aber der Unterschied war nicht signifikant (5,7 vs. 4,3 Monate; p=0,145). Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Patienten in der Verum-Gruppe auch aufgrund ihres besseren Allgemeinzustands länger progressionsfrei waren.

Die Verträglichkeit war gut

Die Toxizität war in beiden Therapiearmen in etwa gleich. Häufigste unerwünschte Wirkungen, entsprachen dem bei Chemotherapie zu erwartenden Spektrum, wie Neutropenie, Thrombozytopenie oder allgemeine Schwäche. Durch die Zugabe der neuen Substanz kamen keine neuen Nebenwirkungen hinzu.
Ausblick: Suche nach Biomarkern
In weiteren Analysen wird versucht, Biomarker zu identifizieren, mit denen Patienten identifiziert werden können, die möglicherweise doch signifikant von der neuen Therapie mit dem PARP-Hemmer Iniparib profitieren. Zunächst haben die Daten beim NSCLC aber enttäuscht.

Auch beim Mammakarzinom konnten die positiven Ergebnisse aus der Phase-II-Studie bisher nicht in einer Phase-III-Studie bestätigt werden. 

Quellen:
[1] Novello S, et al. ECCO 2011; Abstract #9006.
[2] Besse et al. J Thorac Oncol 6:2011(suppl;abstr O43.04)

 (bma)

In Zusammenarbeit mit PD Dr. Martin Reck, Großhansdorf