krebsgesellschaft.de, 21.10.2011

ECCO 2011

Biomarker Studie zu Bevacizumab

Die Einführung immer neuer zielgerichteter Substanzen in die onkologische Therapie stellt die Forscher und Ärzte zunehmend vor die große Herausforderung, Patienten zu selektionieren, die von einer möglichen Therapie profitieren. Die Entdeckung von Tumor-spezifischen Biomarkern ist deshalb von entscheidender Bedeutung. Beim ECCO 2011 wurde eine prospektive Studie mit dem Angiogenese-Hemmer Bevacizumab präsentiert, die sich ausschließlich mit der Suche nach prädiktiven Markern befasste.


Der rekombinante humanisierte monoklonale Antikörper Bevacizumab (Avastin®) bindet an den Gefäßwachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial grwoth factor) und bewirkt eine Normalisierung des im Bereich des Tumors chaotischen Blutgefäßsystems. Einerseits wird die Bildung neuer Blutgefäße unterbunden und andererseits wird die erhöhte Gefäßpermeabilität verringert, was das Eindringen und Verbleiben anderer Zytostatika in den Tumorzellen verbessert.


Patienten mit inoperablen fortgeschrittenen, metastasierten oder rezidivierenden NSCLC ohne vorwiegende Plattenepithel-Histologie profitieren von dem VEGF-Antikörper zusätzlich zu einer platinhaltigen Chemotherapie, was in mehreren Phase-III-Studien gezeigt werden konnte (AVAiL-Studie, E4599-Studie).


Prädiktive Biomarker gesucht


Im Gegensatz zu anderen bekannten zielgerichteten Substanzen, kennt man bisher keine prädiktiven Marker für Bevacizumab beim NSCLC. Die Suche nach solchen prädiktiven Faktoren ist daher ein Schwerpunkt der Forschungsbemühungen. Bisher gibt es einige retrospektiv erhobene Daten, die einen Zusammenhang der Konzentration bestimmter Biomarker mit dem Krankheitsverlauf nahelegen.


Die beim ECCO 2011 präsentierte Phase-II-Studie (BO21015) befasste sich ausschließlich mit dem Zusammenhang zwischen Ansprechen auf Bevacizumab und dem Vorliegen bestimmter Biomarker. 303 Patienten mit fortgeschrittenem oder rezidiviertem NSCLC (kein Plattenepithelkarzinom) bekamen zusätzlich zu einer platinbasierten Chemotherapie über sechs Zyklen (entweder Carboplatin/Gemcitabin oder Carboplatin/Paclitaxel) Bevacizumab randomisiert in einer Dosierung von 7,5 mg/kg oder 15 mg/kg bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder dem Auftreten inakzeptabler Toxizitäten. Primärer Endpunkt der Studie war die Korrelation verschiedener Biomarker mit der Gesamtansprechrate. Es wurden jeweils die Ansprechraten von Patienten mit einer hohen und einer niedrigen Plasmakonzentration des untersuchten Biomarkers gegenübergestellt. Für eine signifikante Korrelation legten die Autoren vorab einen p-Wert von kleiner 0,007 fest.


Keinen signifikanten Marker gefunden


Insgesamt wurden sieben potenzielle Biomarker in der Studie untersucht, wobei keiner der untersuchten Faktoren signifikant mit der Ansprechrate korrelierte (Tabelle 1).


Tabelle. 1. Korrelation von Biomarkern mit der Ansprechrate [%] auf eine Bevacizumab-haltige Therapie bei NSCLC [nach Mok, et al.]

 

Biomarker

Ansprechrate bei hoher Konzentration

Ansprechrate bei geringer Konzentration

Odds-Ratio (95%-Konfidenzintervall, p-Wert)

bFGF (basic fibroblast growth factor)

45,07%

42,55%

1,07 (0,63–1,80; 0,8127)

E-Selectin

39,44%

48,23%

1,81 (1,06–3,08; 0,0285)

ICAM-1 (intracellular adhesion molecule-1)

44,37%

43,26%

1,09 (0,64–1,85; 0,7478)

PIGF (placental growth factor)

43,84%

42,86%

1,16 (0,58–2,33; 0,6761)

VEGF-A (vascular endothelial growth factor A)

43,57%

45,00%

1,22 (0,72–2,09; 0,4601)

VEGFR1 (vascular endothelial growth factor receptor 1)

48,59%

39,01%

0,77; (0,46–1,29; 0,3193)

VEGFR2 (vascular endothelial growth factor receptor 2)

39,16%

48,57%

1,44 (0,85–2,45; 0,1758)


Unabhängig von der Ansprechrate ergab sich für Patienten mit hohen VEGF-A-Werten (vascular endothelial growth factor A) ein signifikant höheres Risiko für eine frühe Progression der Erkrankung.


Weitere Auswertungen abwarten


Die Hoffnung auf die Entdeckung prädiktiver Marker für Bevacizumab wird mit dieser Studie zwar nicht erfüllt, muss aber nicht aufgegeben werden. Neben den Baseline Daten, die auf der ECCO ESMO Konferenz vorgestellt wurden, stehen Ergebnisse der dynamischen Messung der Biomarker Level während der Therapie aus, die wichtige Hinweise zum Verständnis von Resistenzmechanismen liefern werden. Zusätzlich sind weitere wegweisende Daten aus den ergänzenden explorativen Analysen zu erwarten.


Quellen:

[1] Mok T, et al. ECCO 2011; Abstract #9003.

 (bma)

In Zusammenarbeit mit PD Dr. Martin Reck, Großhansdorf