krebsgesellschaft.de, 20.10.2011

ECCO/ESMO 2011

Endokrine Resistenz überwinden: mTOR-Inhibitoren beim Mammakarzinom

Die AKT-Kinase spielt im Zusammenhang mit der endokrinen Therapie hormonsensibler Mammakarzinome eine bedeutende Rolle, da sie für Resistenzen gegen antihormonelle Therapien mitverantwortlich ist. Wie nachgewiesen werden konnte, ist eine endokrine Resistenz mit einer hohen Aktivität von AKT verbunden. mTOR-Inhibitoren blockieren die nachgelagerten Signalwege von AKT und können daher dazu beitragen, endokrine Resistenzen zu überwinden, dies bestätigen bereits vorliegende Daten aus Phase-II-Studien. Auch auf dem ECCO/ESMO wurden drei Analysen präsentiert, die diesem Ansatz gewidmet waren.

BOLERO-2: Exemestan +/- Everolimus
Eine Phase-III-Studie (NCT00863655) untersuchte die Kombination Everolimus+Exemestan bei 724 Patientinnen mit fortgeschrittenem, hormonsensitivem, unter Letrozol oder Anastrozol refraktären Mammakarzinom. Ihr Durchschnittsalter lag bei 62 Jahren; 56% hatten bereits viszerale Metastasen und 84% hatten auf eine vorangegangene Hormontherapie angesprochen. Alle Patientinnen waren mit Letrozol oder Anastrozol vortherapiert, 48 % hatten auch Tamoxifen und 16% Fulvestrant erhalten. Der Anteil der Patientinnen mit vorangegangener Chemotherapie betrug 68 %.
Die Patientinnen wurden im Verhältnis 2:1 zu entweder Everolimus (10 mg/Tag) oder Plazebo randomisiert, jeweils in Kombination mit Exemestan (25 mg/Tag). Die Behandlung wurde fortgesetzt bis zur Progression oder bis zu inakzeptabler Toxizität. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS), die sekundären Endpunkte umfassten Gesamtüberleben, Ansprechrate und Nebenwirkungen.
Nach 359 PFS-Events wurde eine geplante Zwischenanalyse durchgeführt. Bereits hier hatte die Studie ihren primären Endpunkt erreicht: Nach unabhängiger Analyse wurde das progressionsfreie Überleben mit Everolimus von median 2,8 auf 6,9 Monate verlängert (HR 0,43 [95% CI: 0,35-0,54]; p = <0,0001), mit konsistenten Ergebnissen in den verschiedenen Untergruppen. Auch auf Basis zentraler Beurteilung war das PFS signifikant verbessert (HR: 0,36 [95% CI: 0,27-0,47], median 10,6 vs 4,1 Monate, p = 0,0001). Die Ansprechraten lagen bei 9,5% für die Kombination und bei 0,4% für Exemestan allein (p<0,0001).
Die häufigste Grad 3/4 Nebenwirkungen waren Stomatitis (8% vs 1%), Anämie (5% vs <1%), Dyspnoe (4% vs 1%), Hyperglykämie (4% vs <1%), Müdigkeit (3% vs 1%) und Pneumonie (3% vs 0%) (jeweils Everolimus+Exemestan im Vergleich zur Exemestan-Monotherapie).
Die Kombination des mTOR-Inhibitor Everolimus mit einem Aromatasehemmer könnte somit eine neue therapeutische Option für Patientinnen unter endokriner Therapie mit fortgeschrittenem Mammakarzinom werden. Bisher ist die Substanz nur beim Nierenzellkarzinom zugelassen.

Tamoxifen +/- Sirolimus
Bhattacharyya et al. stellten eine Untersuchung vor, die zwischen 2004 und 2010 zum einen Patientinnen mit metastasiertem hormonsensiblem, HER2-negativen Mammakarzinom, für die eine Aromatasehemmertherapie nicht infrage kam, sowie Patientinnen, die unter Aromatasehemmern oder Tamoxifen progredient geworden waren, einschloss. Sie wurden jeweils zu entweder Tamoxifen oder Tamoxifen+Sirolimus (2 mg/Tag) randomisiert. Primäre Endpunkte waren die Ansprechrate und Zeit bis zur Progression; sekundäre Endpunkte umfassten die Nebenwirkungsrate und Pharmakoökonomie.
Bei Patientinnen der ersten Gruppe wurde durch die Hinzunahme von Sirolimus, einem mTOR Hemmer eine Steigerung der Ansprechraten von 36% auf 68% erzielt und die Zeit bis zur Progression von 9 Monate auf 16 Monate verlängert.
Bei den Patientinnen mit endokriner Resistenz ergaben sich Ansprechraten von 4% im Vergleich zu 40% und die Zeit bis zur Progression lag bei 3 Monate im Vergleich zu 11 Monaten. Die Therapie erwies sich als relativ nebenwirkungsarm.
Auch die Kombination eines mTOR-Inhibitors mit Tamoxifen erwies sich somit als gute Option, wobei Patientinnen mit endokriner Vortherapie besonders profitierten.

TAMRAD: Tamoxifen +/- Everolimus
Die Phase II-Studie TAMRAD, die bei 111 Aromatasehemmer-refraktären Patientinnen die Kombination Tamoxifen+Everolimus im Vergleich zur Tamoxifen-Monotherapie testet, hatte eine Verlängerung des progressionsfreien Überlebens von 4,5 auf 8,6 Monate mit dem mTOR-Inhibitor ergeben (HR 0,53 [95% CI:0,35-0,81). Auf dem ECCO/ESMO wurde eine explorative Subgruppenanalyse vorgestellt, die Aufschluss darüber geben soll, welche Patientengruppen am meisten von der Kombination profitiert hat. Dazu wurden die Patientinnen nach primärer und sekundärer Hormonresistenz eingeteilt:
-    Primäre Resistenz: Rückfall unter adjuvanter oder nach < 6 Monaten palliativer Therapie mit Aromatasehemmern
-    Sekundäre Resistenz: Rückfall ≥ 6 Monate nach adjuvanter oder nach ≥ 6 Monaten palliativer Therapie mit Aromatasehemmern
Darüber hinaus wurden das Vorhandensein von Leber- oder Lungenmetastasen sowie eine vorangegangene Chemo- oder Tamoxifen-Therapie in der metastasierten Situation als Faktoren in die Analyse einbezogen.
Die Auswertung zeigte, dass Patientinnen mit sekundärer Hormonresistenz (n = 56) hinsichtlich der Zeit bis zur Progression (TTP) offensichtlich mehr von der Hinzunahme von Everolimus profitierten  (HR 0,38 [95% CI: 0,21–0,71]) als Patientinnen mit primärer Hormonresistenz (n = 54) (HR 0,74 [95% CI: 0,42–1,3]).

Fazit: Die Zukunft von mTOR-Inhibitoren beim Mammakarzinom
Die Daten zeigen sehr eindrücklich, dass mTOR-Hemmer in der Lage zu sein scheinen, erworbene Resistenzen auf endokrine Therapien zu durchbrechen. Dies gilt sowohl für Kombinationen mit Tamoxifen als auch mit Exemestan. Überdenkenswert ist möglicherweise auch ein Einsatz der Substanzen in der Adjuvanz, denn – wie die Langzeitdaten der BIG-198 Studie zeigen – bei späten Rückfällen handelt es sich in erster Linie um erworbene endokrine Resistenzen.


Quellen:

Baselga J et al. Everolimus in Combination with Exemestane for Postmenopausal Women with Advanced Breast Cancer Who Are Refractory to Letrozole or Anastrozole: Results of the BOLERO-2 Phase III Trial. LBA 9

Bhattacharyya GS et al. Reversal of Tamoxifen Resistance( Hormone Resistance) by Addition of Sirolimus (mTOR Inhibitor) in Metastatic Breast Cancer. LBA16

Bourgier C et al. Exploratory Subgroup Analysis of the TAMRAD Phase 2 GINECO Trial Comparing Tamoxifen (TAM) Plus Everolimus (RAD) With TAM Alone in Patients With Hormone-receptor-positive, HER2-negative Metastatic Breast Cancer (mBC) With Prior Exposure to Aromatase Inhibitors (AIs): Implication for Research Strategies. Abstr. 5005

(pp)

In Zusammenarbeit mit PD Dr. Sibylle Loibl, Offenbach