krebsgesellschaft.de, 12.08.2015

EHA & ICML 2015

Bedeutung von PET bei Hodgkin-Lymphom

Bei der 13. International Conference on Malignant Lymphoma (ICML), die alle zwei Jahre in Lugano in der Schweiz stattfindet, wurden interessante neue Aspekte in der Therapie des Hodgkin-Lymphoms vorgestellt: Zwei Studien zur Rolle des sogenannten „Interim-PET-CTs“ wurden präsentiert, eine zur Therapie fortgeschrittener Stadien und eine zur Therapiesteuerung in frühen Stadien. Ziel der PET-Untersuchungen ist es, die Therapie nach dem Erkrankungsansprechen zu steuern.

In der RATHL-Studie wurde die Rolle der Positronenemissionstomografie (PET) bei Patienten mit fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom untersucht. Eingeschlossen wurden insgesamt 1214 Patienten mit neu diagnostiziertem Hodgkin-Lymphom im Ann-Arbor-Stadium IIB bis IV oder IIA mit großer Tumormasse bzw. mehr als drei betroffenen Regionen.

Design der RATHL-Studie

Nach einem initialen PET-CT zur Beurteilung der Krankheitsstadien (PET1) und zwei Zyklen einer ABVD-Chemotherapie (Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin) wurde eine zweite PET-Untersuchung (PET2) zur Beurteilung des Therapieansprechens durchgeführt.

Patienten mit negativem PET-CT erhielten randomisiert entweder vier weitere ABVD-Zyklen oder vier Zyklen einer Behandlung mit AVD (Doxorubicin, Vinblastin, Dacarbazin).

Bei Patienten mit einem positiven PET-CT wurde die Behandlung dagegen intensiviert und die Patienten erhielten entweder vier Zyklen einer Behandlung mit „BEACOPP-14“ oder drei Zyklen einer Therapie mit „BEACOPP eskaliert“. Nach Abschluss der Therapie wurde ein weiteres PET-CT (PET3) durchgeführt. Bei negativem PET-CT wurde die Therapie mit zwei weiteren Zyklen BEACOPP-14 oder einem Zyklus BEACOPP eskaliert fortgeführt, während PET-CT-positive Patienten eine Therapie außerhalb der Studie erhielten (Radiotherapie oder Salvagetherapie, Abbildung 1).

Ergebnisse der RATHL-Studie

Bei der zweiten PET-Untersuchung hatten 954 Patienten (84%) einen negativen Befund und erhielten anschließend randomisiert das Bleomycin-haltige-Schema ABVD oder ausschließlich AVD. Nach einem medianen Follow-up von 32 Monaten zeigte sich kein Unterschied im progressionsfreien oder Gesamtüberleben nach ABVD oder AVD. Nach drei Jahren waren 85,45% in der ABVD und 84,48% der Patienten in der AVD-Gruppe progressionsfrei. Das 3-Jahresüberleben lag bei 97,0% vs. 97,5%. Die Patienten, die das Bleomycin-haltige Schema erhalten hatten, wiesen allerdings häufiger eine pulmonale Toxizität auf. 

Bei Patienten mit einem positiven PET2 (n=174) zeigte sich kein Unterschied zwischen der Behandlung mit BEACOPP-14 oder BEACOPP eskaliert. Bei 74 % der Patienten war das PET nach der intensivierten Therapie (PET3) negativ. Nach drei Jahren waren 68% der Patienten progressionsfrei und 86% weiterhin am Leben.

Konsequenzen für die Praxis

Speziell bei älteren Patienten, die häufig eine pulmonale Toxizität im Verlauf aufweisen,  kann nun bei negativem PET-CT nach zwei Zyklen ABVD auf die Applikation von Bleomycin verzichtet und so eine Therapie mit geringer Toxizität ermöglicht werden. Durch die „interim-PET-CTs“ können außerdem Patienten identifiziert werden, die eine Intensivierung der Therapie benötigen.

Frühe Stadien des Hodgkin-Lymphoms: H10-Studie

Inwieweit PET-CTs auch bei Patienten mit früh diagnostiziertem Hodgkin Lymphom zu einer besseren Therapiesteuerung beitragen können, war Gegenstand der Studie H10.

Insgesamt nahmen 1137 Patienten mit den frühen Stadien I oder II eines Hodgkin-Lymphoms im Alter zwischen 15 und 70 Jahren an der randomisierten H10-Studie teil. Die ursprüngliche Fragestellung war, ob man bei einem negativen PET-Befund nach 2 Zyklen einer Chemotherapie (ABVD: Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin) auf die Radiotherapie verzichten kann, ohne die progressionsfreie Lebenszeit zu beeinträchtigen.

PET-CT negativ – trotzdem bestrahlen

Doch bereits bei der geplanten Zwischenanalyse wurde deutlich, dass der Verzicht auf eine Strahlentherapie bei negativem PET-Befund die Rezidivrate erhöht. Bei den jüngeren Patienten mit guter Prognose überlebten alle Patienten mit Radiotherapie progressionsfrei, wohingegen 5,1% der Patienten ohne Bestrahlung einen Progress entwickelten. Bei Patienten mit ungünstiger Prognose schnitt die Bestrahlungsgruppe mit einem Gesamtüberleben mit 97,3% versus 94,7% der Patienten ohne Bestrahlung ebenfalls besser ab.

PET-CT positiv – Therapie intensivieren

Ein zweiter Aspekt der Studie war zu untersuchen, ob Patienten mit einem positiven PET-CT nach zwei Zyklen ABVD von einer Intensivierung der Therapie profitieren. Von diesen Patienten erhielten 192 weiterhin ABVD und 169 BEACOPP eskaliert jeweils gefolgt von einer Radiotherapie.

Das progressionsfreie Überleben nach fünf Jahren konnte durch die Intensivierung von 77% auf 91% verbessert werden. Das Gesamtüberleben war ebenfalls nach fünf Jahren mit 96% bei den Patienten mit Therapieintensivierung gegenüber 86% ohne Therapieveränderung signifikant verbessert.

 

Konsequenzen für die Praxis

Zwar ist bei der intensiveren Therapie auch mit einer höheren Toxizität zu rechnen, diese ist aber in Anbetracht der hervorragenden Effektivität gerechtfertigt. Eine Therapie mit dem eskalierten BEACOPP-Schema ist nach diesen Studienergebnissen unbedingt auch bei Patienten in frühen Stadien mit unzureichendem Ansprechen zu erwägen.

Fazit: Interim-PET-CT - ein Meilenstein in der Therapie des Hodgkin Lymphoms

Beide beim ICML vorgestellten Studien haben weitreichende Konsequenzen für die zukünftige Therapieplanung beim Hodgkin Lymphom sowohl für lokal begrenzte Erkrankungsstadien als auch für fortgeschrittene Fälle. Nur in den Fällen mit unzureichendem Ansprechen sollte auf die intensivere BEACOPP-Therapie gewechselt werden. Die Therapiesteuerung unterstützt durch PET-CTs ist damit eine wertvolle Ergänzung zu den bisherigen Methoden zur Risikostratifizierung. Auf der anderen Seite sind die von der Deutschen Hodgkin-Studiengruppe berichteten Therapieverläufe mit einer „upfront“ Intensivierung gerade bei fortgeschrittenen Erkrankungen noch einmal deutlich besser.

In Zusammenarbeit mit Prof. Martin Dreyling, München

 

 

Quellen:
[1] Johnson PW, et al. Response-adapted therapy based on interim FDG-PETScans in advanced Hodgkin lymphoma: First analysis of the safety of de-escalation and efficacy of escalation in the international RATHL study. ICML 2015, Abstract 008.
[2] Raemaekers, et al. Early FDG-PET adapted treatment improves the outcome of early FDG-PET-positive patients with stages I/II Hodgkin lymphoma (HL): Final results of the randomized intergroup EORTC/LYSA/FIL H10 trial. ICML 2015 late breaking abstract.

(bma)