krebsgesellschaft.de, 27.01.2012

ASH 2011

Therapie des fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphoms

Sehr gute Erfolge mit weniger intensiver Chemotherapie

Bei Patienten mit fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom (HL) ist eine Chemotherapie mit 6 Zyklen BEACOPPeskaliert offenbar effektiver als eine Chemotherapie mit 8 Zyklen. Dabei treten auch weniger Toxizitäten auf. Das belegen Studienergebnisse, die auf der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) 2011 vorgestellt wurden. Somit können 6 Zyklen BEACOPPeskaliert als neue Standardtherapie bei fortgeschrittenem HL angesehen werden.

Das Hodgkin-Lymphom (HL) in fortgeschrittenen Stadien wird mit einer intensivierten Chemotherapie bestehend aus 8 Zyklen BEACOPPeskaliert behandelt. Diese Therapie ist hoch effektiv, aber auch mit nicht zu unterschätzenden Toxizitäten verbunden. Zudem besteht nach wie vor Unklarheit darüber, ob eine zusätzliche Strahlentherapie (RT) in diesen Fällen sinnvoll ist. Daher führte die Deutsche Hodgkin Studiengruppe eine Untersuchung (HD15-Studie) durch, in der zwei weniger intensive Chemotherapieformen und die Indikation zur Strahlentherapie überprüft wurden [1].

Patienten mit Erstdiagnose HL in fortgeschrittenen Stadien
Die Studie schloss Patienten mit neu diagnostiziertem und histologisch gesichertem HL ein, die zwischen 18 und 60 Jahren alt waren. Die Teilnehmer hatten ein HL in den Stadien IIB, III und IV nach Ann-Arbor-Klassifikation. Sie erhielten entweder 8 Zyklen BEACOPPeskaliert (8Besc) oder 6 Zyklen BEACOPPeskaliert (6Besc) oder 8 Zyklen BEACOPP14 (8B14) [1].

Nach Ende der Chemotherapie erfolgte bei den Patienten mit partieller Remission (PR), die weiterhin eine Tumormasse von mindestens 2,5 cm in der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) aufwiesen, eine Strahlentherapie mit 30 Gy. Der primäre Endpunkt der Studie war das therapieversagensfreie Überleben („freedom from treatment failure“, FFTF), es sollte die Nichtunterlegenheit der weniger intensiven Chemotherapien gezeigt werden [1].

Weniger intensive Chemotherapien besser verträglich
In die Auswertung wurden 2.126 HL-Patienten im Alter von median 33 Jahren eingeschlossen. Ein HL im Stadium II hatten 334 (15,7%) der Probanden. Von den über 2.000 Patienten erhielten 705 8Besc, 711 6Besc und 710 8B14. Hämatologische Toxizitäten traten bei 92,4% unter 8Besc, 91,7% unter 6Besc und 79,7% unter 8B14 auf. Nach einem medianen Beobachtungszeitraum von 48 Monaten waren in der ersten Gruppe 53 (7,5%), in der zweiten Gruppe 33 (4,6%) und in der dritten 37 (5,2%) Patienten verstorben [1].

Dabei ließ sich die höhere Zahl an Todesfällen in der 8Besc-Gruppe zum einen auf akute Nebenwirkungen der Chemotherapie zurückführen: 15 gegenüber jeweils 6 Todesfällen in der 6Besc-Gruppe bzw. in der 8B14-Gruppe. Zum anderen waren sekundäre Neoplasien die Ursache: 13 gegenüber 5 bzw. 8. Insgesamt kamen 72 sekundäre Neoplasien vor, darunter 29 sekundäre akute lymphatische Leukämien und myelodysplastische Syndrome. Davon traten 19 (2,7%) nach 8Besc, 2 (0,3%) nach 6Besc und 8 (1,1%) nach 8B14 auf [1].

Hohe Wirksamkeit der weniger intensiven Chemotherapien
Zudem war die Behandlung mit 6Besc effektiv. So erreichten 94,2% der Patienten unter 6Besc und 92,4% der Patienten unter 8B14 eine komplette Remission (CR), in der 8Besc-Gruppe waren es 90,1% (p=0,01). Das FFTF nach 5 Jahren betrug in der 8Besc-Gruppe 84,4% und in der 6Besc-Gruppe 89,3% (97,5%-CI für Unterschied 0,5–9,3%) sowie in der 8B14-Gruppe 85,4% (97,5%-CI für Unterschied -3,7–5,8%) [1].

Das Gesamtüberleben nach 5 Jahren lag bei 91,9% in der 8Besc-Gruppe, bei 95,3% in der 6Besc-Gruppe und bei 94,5% 8B14-Gruppe. Es war somit unter 6Besc besser als unter 8Besc (97,5%-CI 0,2–6,5%). Für das progressionsfreie Überleben (PFS) ließen sich ähnliche Ergebnisse wie für das FFTF belegen. Zudem ergaben sich für die Subgruppen- und die Per-Protokoll-Analysen vergleichbare Resultate [1].

Strahlentherapie nur bei etwa jedem 10. Patienten notwendig
Die PET-Bilder von 822 Patienten wurden zentral evaluiert. Darunter befanden sich 739 Probanden in partieller Remission (PR) mit einer residualen Tumormasse von mindestens 2,5 cm. Davon waren 548 (74,2%) PET-negativ und 191 (25,8%) PET-positiv. Das 4-Jahres-PFS der PET-negativen PR-Patienten betrug 92,1% und war somit vergleichbar mit dem der Patienten mit kompletter Remission, das 92,6% betrug. Nur 11% der Patienten erhielten in dieser Studie eine zusätzliche Strahlentherapie, in der HD9-Studie erfolgte sie noch bei 71% der Patienten [1, 2].

6 Zyklen BEACOPPeskaliert als neuer Standard
Bei Patienten mit fortgeschrittenem HL sind 6 Zyklen BEACOPPeskaliert gefolgt von einer PET-gesteuerten Radiatio effektiver und weniger toxisch als eine Therapie mit 8 Zyklen BEACOPPeskaliert, fassen die Autoren zusammen. Vor allem schwerwiegende Toxizitäten kommen unter der weniger intensiven Chemotherapie seltener vor. Weiterhin kann eine nach der Chemotherapie durchgeführte PET, so die Autoren, die Entscheidung für eine zusätzliche Strahlentherapie beeinflussen, sodass weniger Patienten eine Radiatio erhalten [1]. Insgesamt stellt damit die Therapie mit 6 Zyklen BEACOPPeskaliert den neue Behandlungsstandard dar.

Quellen:
[1] Engert A, et al.: Reduced Intensity of Chemotherapy and PET-Guided Radiotherapy in Patients with Advanced Stage Hodgkin Lymphoma: The GHSG HD15 Final Results. ASH 2011; Abstract #589

[2] Diehl V, et al.: Standard and increased-dose BEACOPP chemotherapy compared with COPP-ABVD for advanced Hodgkin's disease. N Engl J Med. 2003; 348: 2386-2395

(aks)

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Martin Dreyling, München