krebsgesellschaft.de, 28.07.2014

ASCO Annual Meeting 2014

ASCO Annual Meeting 2014: Seminom / Stadium I: Surveillance oder Chemotherapie?

Beim Seminom im klinischen Stadium I, der häufigsten Form des Hodenkarzinoms, gehören zu aktuellen Behandlungsoptionen nach der Operation Surveillance (Nachbeobachtung) und adjuvante Chemotherapie – letztere gemäß einer großen Phase-III-Studie bevorzugt bestehend aus einem Zyklus Carboplatin. In einer prospektiven, populationsbasierten Studie wurden die beiden postoperativen Ansätze über mehrere Jahre verglichen.

Bei der Surveillance (Nachbeobachtung) gibt es zwei Faktoren, die nach einer früheren Studie das Risiko eines Rezidivs erhöhen: eine Tumorgröße von mehr als 4 cm und eine Invasion des Rete testis. Daher wurde für die Studie SWENOTECA VII, die von 2007-2010 lief, basierend auf diesen beiden Faktoren ein Risiko-adaptiertes Protokoll entwickelt: Die Patienten konnten zwischen Nachbeobachtung und einem Zyklus adjuvant Carboplatin wählen, doch bei 0-1 Risikofaktoren wurde ihnen die Nachbeobachtung und bei 2 Risikofaktoren die Chemotherapie empfohlen. In die aktuelle Auswertung flossen zudem Daten von Patienten ein, die in der noch nicht Risiko-adaptierten Vorläuferstudie SWENOTECA V in den Jahren 2004-2007 einen Zyklus Carboplatin adjuvant erhalten hatten. 

Verglichen wurden die Daten von 222 (SWENOTECA V) bzw. 447 (SWENOTECA VII) Männern mit adjuvanter Chemotherapie und 391 Männern (SWENOTECA VII) mit alleiniger Nachbeobachtung (andere Therapie: 4). Das mediane Follow-up betrug 4,4 Jahre (Chemotherapie: 5,2 Jahre, Nachbeobachtung: 3,6 Jahre). In der Gruppe mit 0-1 Risikofaktoren wählten ca. 50% und in der Gruppe mit 2 Risikofaktoren ca. 90% der Patienten die adjuvante Chemotherapie.

In einer multivariaten Analyse konnten die beiden Risikofaktoren bestätigt werden. Die Rezidivrate lag nach der Chemotherapie bei 6,2% in der Gesamtgruppe, und bei 2,3% vs. 9,4% in der Gruppe mit 0 vs. 1-2 Risikofaktoren (p=0,003). Es fand sich kein signifikanter Einfluss der Dosierung von Carboplatin auf die Rezidivrate. Bei Männern mit alleiniger Nachbeobachtung betrug die Rezidivrate in der Gesamtgruppe 9,5% und bei Vorliegen von 0 vs. 1-2 Risikofaktoren 2,9% vs. 22,8% (p=0,000).

Diese moderne, große, populationsbasierte, prospektive Studie bestätigt vorherige Ergebnisse, nach denen die Nachbeobachtung beim Seminom im klinischen Stadium I ohne Vorliegen von Risikofaktoren mit einer geringen Rezidivrate einhergeht. Da die Rezidivrate in dieser Gruppe nach adjuvanter Chemotherapie vergleichbar war (2,9% vs. 2,3%), sollte entsprechenden Patienten die Nachbeobachtung empfohlen werden.

Die Rezidivrate nach adjuvanter Chemotherapie lag höher als zuvor berichtet. Dies könnte auf das Risiko-adaptierte Protokoll zurückzuführen sein, weil sich aufgrund dessen in der Studie SWENOTECA VII in der Chemotherapie-Gruppe mehr Männer mit 1-2 Risikofaktoren befunden hatten. Da der Effekt von Carboplatin in der Gruppe mit Risikofaktoren demnach geringer war als Erwartet, sollte nach Ansicht der Autoren diesen Patienten nach entsprechender Aufklärung die Wahl gelassen werden, ob sie die Nachbeobachtung oder die adjuvante Chemotherapie wünschen.

(pe)

Quelle:
Tandstad T, et al. Management of clinical stage I seminomatous testicular cancer: A report from SWENOTECA. J Clin Oncol 32:5s, 2014 (suppl; abstr 4508)

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Kurt Miller, Berlin