krebsgesellschaft.de, 14.07.2011

ASCO 2011

Second-Line-Therapie bei SCLC: Phase-III-Studie zu Amrubicin

Aktuell befassen sich nur wenige Studien mit der Therapie des fortgeschrittenen kleinzelligen Lungenkarzinoms. Bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology wurden 2011 erstmals Ergebnisse einer Phase-III-Studie zur Second-Line-Therapie mit der neuen Substanz, Amrubicin, vorgestellt. Im Vergleich zu Topotecan, was derzeit als Standard in der Second-Line-Therapie gilt, war Amrubicin gleich gut wirksam und etwas besser verträglich. 

Die Fortschritte, die mit den zielgerichteten Therapien bei anderen Tumorentitäten, wie auch dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) erzielt wurden, blieben beim kleinzelligen Lungenkrebs aus (SCLC) und damit auch die intensiven Forschungsbemühungen rund um diese neuen Substanzen, da diese beim SCLC nicht wirken. Das SCLC wird mit klassischen Chemotherapien behandelt, in der Regel erhalten die Patienten in der First-Line-Therapie ein Platin-haltiges Schema.

Entsteht bei diesen Patienten ein Rezidiv, ist eine Second-Line-Therapie indiziert, sofern  der Allgemeinzustand des Patienten es zulässt und eine erneute Therapie auch dem Wunsch des Patienten entspricht. Die Monotherapie mit dem Topoisomerase-Hemmer Topotecan (Hycamtin®) ist bis heute die einzige Option, die für diese Indikation zur Verfügung steht.

Amrubicin: ein Anthracyclin der 3. Generation
Zu einer neuen Substanz, Amrubicin, wurden bei der Jahrestagung der ASCO 2011 Phase-III-Daten zur Second-Line-Therapie des SCLC vorgestellt. Amrubicin ist ein Anthracyclin der 3. Generation und hemmt die Topoisomerase II. In der randomisierten Phase-III-Studie ACT 1 wurde Amrubicin mit Topotecan bei 637 SCLC-Patienten, die nach  einer Platin-haltigen First-Line-Chemotherapie progredient waren, verglichen. Zwei Drittel der Patienten (n=424) bekamen an drei aufeinanderfolgenden Tagen 40 mg/m2 Amrubicin infundiert, ein Drittel der Patienten (n=213) bekam an fünf aufeinanderfolgenden Tagen jeweils 1,5 mg/ m2 Topotecan infundiert.

Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben, sekundäre Endpunkte waren Ansprechrate, progressionsfreies Überleben und die Verträglichkeit der Therapien.

Keine Verbesserung der Überlebenszeiten…
Der primäre Studienendpunkt wurde nicht erreicht. Die Überlebenszeiten im Amrubicin- und Topotecan-Arm unterschieden sich nicht signifikant (7,5 Monate versus 7,8 Monate; Hazard-Ratio 0,88; 95%-Konfidenzintervall: 0,73–1,06). Auch das progressionsfreie Überleben konnte mit Amrubicin nicht verbessert werden. Die Ansprechrate war jedoch mit der neuen Substanz signifikant höher (31% vs. 17% HR 2,22; 95%-Konfidenzintervall: 1,47–3,36).

…aber bessere Verträglichkeit
Einige schwerwiegende Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 waren mit Amrubicin signifikant seltener: Neutropenien kamen mit Amrubicin bei 41% gegenüber 53% mit Topotecan vor, Thrombozytopenien bei 21% im Vergleich zu 54% und Anämien bei 16% im Vergleich zu 30%. Infektionen und febrile Neutropenien waren dagegen mit Amrubicin etwas häufiger (16% vs. 10% und 10% vs. 4%).

Die bessere hämatologische Verträglichkeit von Amrubicin wirkte sich auch auf die Häufigkeit von Bluttransfusionen aus. Bei den mit Topotecan behandelten Patienten benötigte mehr als die Hälfte der Patienten (53%) mindestens einmal eine Bluttransfusion mit Amrubicin waren es nur 32%.

Subgruppenanalyse Platin-refraktärer Tumoren
Eine vorab geplante Subgruppenanalyse von Patienten mit Tumoren, die nicht auf eine Platin-haltige Chemotherapie angesprochen hatten (n=295), ergab einen Vorteil für die Effektivität von Amrubicin  gegenüber Topotecan (Gesamtüberleben 6,2 Monate vs. 5,7 Monate; HR 0,77; 95%-KI: 0,59–1,0; p=0,047).

Ausblick: Lebensqualität und weitere Effektivität abwarten
Zwar wurde das primäre Studienziel mit Amrubicin, eine Überlebensverlängerung gegenüber Topotecan zu zeigen, nicht erreicht, dennoch könnte in der Verbesserung der Verträglichkeit ein Nutzen für die Patienten liegen. Ergebnisse zur Lebensqualität werden erwartet. Die Verbesserung der Ansprechrate und der Überlebensvorteil, der bei Platin-refraktären Patienten gezeigt wurde, könnten ein Hinweis auf Wirksamkeitsvorteile sein, die aber in weiteren Studien gezeigt werden müssen. Dann könnte Amrubicin möglicherweise das Spektrum der Second-Line-Therapie des SCLC erweitern. 

Quellen
 [1] Jotte R, et al. ASCO 2011 Abstract #7000.

(bma)

In Zusammenarbeit mit PD Dr. Martin Reck, Großhansdorf