krebsgesellschaft.de, 01.07.2011

ASCO 2011

Neue Erkenntnisse zur neoadjuvanten Therapie bei Mammakarzinomen

Auf der diesjährigen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology, ASCO, in Chicago wurden neue Optionen der neoadjuvanten Chemotherapie (NACT) diskutiert. Welche Patientinnen profitieren von einer NACT und welche neuen Substanzen könnten bestehende Therapiekonzepte erweitern?
Vielversprechend sind hier vor allem die Angiogenese-Hemmer, die die Bildung von Tumor-versorgenden Gefäßen hemmen. Insbesondere der monoklonale Antikörper Bevacizumab steht dabei im Fokus.


Bevacizumab: erfüllt der Angiogenese-Hemmer die Erwartungen, die in ihn gesetzt wurden?
Eine erste Auswertung der GeparQuinto Studie hatte den primären Endpunkt verfehlt: Der Zusatz von Bevacizumab (Bev) zur Epirubicin/Cyclophosphamid (EC)-Docetaxel-Therapie bei unselektierten Patientinnen mit HER2 negativen Tumoren verbesserte nicht die  Rate der pathologischen Komplettremissionen. Nun wurde der sekundäre Endpunkt für die Subgruppe der Her2 negativen Patientinnen (n=1948) untersucht:  Eingeschlossen wurden 684 bislang unbehandelte Patientinnen mit T1c-T4d Tumoren und einem Triple negativen Brustkrebs (TNBC). Wenn diese Patientinnen keine Anzeichen für erhöhte kardiale Risiken und Blutungskomplikationen aufwiesen, wurden sie für die folgende Gruppen randomisiert: 4 Zyklen EC (90/600mg/m²), gefolgt von 4 Zyklen Docetaxel (100mg/m²) entweder mit (n=345) oder ohne (n=339) Bev (15 mg/kg). Gerber et al. konnten nun zeigen, dass insbesondere die Patientinnen mit TNBC von Bev  profitieren können. Den primären Endpunkt  (ypT0, ypN0), als pCR erreichten ohne Bev 27.8%, mit Bev 36.4% (p=0.021).

...und wie sieht es mit den Hormonrezeptor-positiven Patienten aus?
Bei der Vorstellung der NSABP Protokolls B-40 –Studie durch Bear et al. wird deutlich, dass die Kombination von Capecitabin oder Gemcitabin mit einer Docetaxel basierten neoadjuvanten Chemotherapie zu einer erhöhten Toxizität ohne Verbesserung der pCR oder der clinical Complete Response (cCR) führt. Anders mit Bevacizumab. Nach der Auswertung der Daten von 1180 randomisierten Patientinnen die eines der drei Regime erhalten hatten, zeigte sich, dass unter Bev die pCR Rate (28.4 vs. 34.5%, p=0.027) und die cCR Rate anstiegen (55.8 vs. 64.3%, p=0.007). Besonders deutlich wurde das bei den Hormonrezeptor-positiven Tumoren (15.2 vs. 23.3%, p= 0.008), im Gegensatz zu dem nur minimalen Effekt in der Hormonrezeptor-negativen Gruppe (47.3 vs. 51.3%, p=0.44. Es profitieren in dieser Studie also alle Patientinnen von der Zugabe von Bev zur taxanhaltigen neoadjuvanten Therapie, ganz besonders aber diejenigen mit Hormonrezeptor-positiven Tumoren.
Die zum Teil widersprüchlichen Ergebnisse der beiden Studien gilt es in den kommenden Analysen aufzuarbeiten.

Keine neoadjuvante Chemotherapie für Patientinnen mit HER2-Überexpression
Nach Experimenten mit Mäusen, bei denen es unter Trastuzumab (T) und Lapatinib (L) zu einer raschen Eradikation von humanen, HER2-positiven Xenografts gekommen war, wollten Chang et al., diese Erkenntnisse im Rahmen einer klinischen Studie auf Patientinnen übertragen. 66 HER2-positive Patientinnen die Tumoren entweder> 3cm oder >2cm plus palpablen Lymphknoten hatten (durchschnittliche Tumorgröße 6cm; range 1.5-30cm) konnten in die Studie eingeschlossen werden. Sie erhielten wöchentlich T (4mg/kg als Initialdosis, dann 2mg/kg) und täglich L (1000mg) über den Zeitraum von 12 Wochen. Östrogenrezeptor-positive (ER+) Patientinnen erhielten zusätzlich Letrozol und, falls prämenopausal, Goserelin um den ER/HER Crosstalk zu blockieren. Vor Beginn der Behandlung, nach 2, 8 und 12 Wochen (Operation) wurden Biopsien entnommen. Die Ergebnisse von 64 Patientinnen konnten ausgewertet werden. Bei insgesamt  tolerierbaren Nebenwirkungen betrug die pathologische Gesamtansprechrate (pRR) 53% (ER+: 55%, ER-: 47%),  die pCR-Rate 28% (ER+: 21%, ER-: 42%)
Diese Daten legen nahe, dass Patientinnen mit großen HER2-positiven Tumoren keine neoadjuvante Chemotherapie benötigen und zeigen, dass der Ansatz einer dreifachen zielgerichteten Therapie weiterverfolgt werden sollte.

Neubewertung von Carboplatin in Kombination mit neoadjuvanter Chemotherapie bei triple-negativem Mammakarzinom
Die Wirksamkeit in Kombination von Carboplatin mit einer konventionellen neoadjuvanten Chemotherapie  wurde bisher nicht in einer randomisierten Studie überprüft. Für die spanische Geicam Studie (Alba et al.) wurden daher 94 Patientinnen mit Tumoren größer/gleich 2cm oder kleiner 2cm plus positivem Axillabefund eingeschlossen. Bei den Tumoren handelte es sich immunphänotypisch um basal-like ER-/PR-/HER2-/ Cytokeratin5/6+ oder EGFR+ Karzinome. Je nach Randomisierung erhielten die Patientinnen entweder 4 Zyklen  Epirubicin (E) plus Cyclophosphamid (C)  und anschließend Docetaxel (EC-T) oder Docetaxel plus Carboplatin (EC-TCb). Bei der Betrachtung der pCR (EC-T: 35%, EC-TCb: 30%; p=0.6064) und pCR+pN0 (beide 30%) ergaben sich keine signifikanten Unterschiede). Das Selbe galt bei der Mastektomierate. Das Auftreten von schwerwiegenden Nebenwirkungen war ebenfalls in beiden Gruppen gleich, was den Schluss nahelegt, dass Carboplatin zusätzlich zur neoadjuvanten Chemotherapie keinen zusätzlichen Nutzen für Brustkrebs-Patientinnen mit TNBC bietet, sie andererseits aber auch nicht mit einer erhöhten Toxizität belastet. Diese interessante Fragestellung wird auch in Deutschland demnächst für in der Geparsixto Studie in der neoadjuvanten Situation an 300 Patientinnen untersucht werden.
 

Quellen:

(1) Gerber B et al. Neoadjuvant bevacizumab and anthracycline-taxane-based chemotherapy in 686 triple-negative primary breast cancers: Secondary endpoint analysis of the GeparQuinto study (GBG 44).
(2) Bear HD et al. The effect on pCR of bevacizumab and/or antimetabolites added to standard neoadjuvant chemotherapy: NSABP protocol B-40
(3) Chang JCN et al. TBCRC 006: A multicenter phase II study of neoadjuvant lapatinib and trastuzumab in patients with HER2 overexpressing breast cancer.
(4) Alba E et al. Chemotherapy (CT) with or without carboplatin as neoadjuvant treatment in patients with basal-like breast cancer: GEICAM 2006-03-A multicenter randomized phase II study