krebsgesellschaft.de, 17.06.2011

ASCO 2011

Zielgerichteten Therapie beim metastasierten Kolorektalkarzinom

In der Behandlung des metastasierten Kolorektalkarzinoms (mCRC) stellte die Einführung der monoklonalen Antikörper Cetuximab, Bevacizumab und Panitumumab einen Fortschritt dar. Während Bevacizumab an den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) bindet, blockieren Cetuximab und Panitumumab den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR). Zu den Voraussetzungen für den Einsatz der beiden EGFR-Inhibitoren gehört, dass ein EGFR-exprimierendes kolorektales Karzinom mit nicht-mutiertem (Wildtyp-) KRAS-Gen vorliegt. Auf dem ASCO 2011 wurden zwar zwei Studien zur Wirksamkeit von neuen Antikörpern in diesem Krankheitsstadium vorgestellt, doch den großen Durchbruch bedeuten sie nicht.

Dalotuzumab: Antikörper gegen IGF-1R
Eine randomisierte, multizentrische, doppelblinde Phase-II/III-Studie verglich bei mCRC-Patienten mit Wildtyp-KRAS-Status Dalotuzumab (MK-0646) in zwei Dosierungen mit Placebo - jeweils in Kombination mit Cetuximab und Irinotecan [1]. Bei Dalotuzumab handelt es sich um einen Antikörper, der an den Insulin-like Growth Factor 1 Receptor (IGF-1R) bindet. Hintergrund für die Studie ist eine zunehmende Evidenz, dass es Wechselwirkungen zwischen den EGFR- und den IGFR-Signalwegen gibt, die die Kombination einer anti-EGFR- und einer anti-IGFR-Strategie in der Krebstherapie nahelegen. Bei allen Teilnehmern hatten zuvor Irinotecan und Oxaliplatin versagt. Zudem war ihre Erkrankung innerhalb von drei Monaten unter der letzten Therapie progredient verlaufen. Die beiden Dosierungen von Dalotuzumab betrugen 10mg/kg einmal wöchentlich (q1w) oder eine Aufsättigungsdosis von 15mg/kg, gefolgt von 7,5mg/kg alle zwei Wochen (q2w). Cetuximab und Irinotecan wurden in den üblichen Dosierungen verabreicht.

Die Autoren beendeten die Studie nach der ersten Interimsanalyse, für die 345 Patienten eingeschlossen worden waren, weil beide Dalotuzumab-Dosierungen bei den untersuchten Endpunkten deutlich schlechter abschnitten als Placebo (Pbo). Das mediane progressiosfreie Überleben lag in der q1w-Gruppe bei 3,3 Monaten (HR=1.41, p=0,978) und in der q2w-Gruppe bei 5,4 Monaten (HR=1.22, p=0,881), gegenüber 5,6 Monaten in der Placebo-Gruppe. Das mediane Gesamtüberleben betrug 10,8 (q1w, HR=1.42, p=0.965) bzw. 11,6 (q2w, HR=1.15, p=0.765) vs. 14,0 Monate (Placebo). Relevante Nebenwirkungen wurden zudem unter Dalotuzumab häufiger beobachtet als unter Placebo, u.a. Gewichtsabnahme (q1w: 22,4%; pbo: 10,8%), Dehydratation (q1w: 7,8%; Pbo: 1,8%), Hyperglykämie (q1w: 33,6%; q2w: 40,2%; Pbo: 20,7%), Exfoliation der Haut (q1w: 4,3%; Pbo: 0%), periphere sensorische Neuropathie (q2w: 9,4%; Pbo: 2,7%) und Stomatitis (q2w: 51,3%; Pbo: 36,9%). In Biomarkeranalysen wird derzeit noch untersucht, ob es eine Subpopulation gibt, die doch potentiell von Dalotuzumab profitiert haben könnten.

Rilotumumab und Ganitumab: Antikörper gegen HGF bzw. IGF-R1
Bei der zweiten Studie handelte es sich um eine randomisierte, doppelblinde Phase-II-Studie, in der bei 142 mCRC-Patienten mit Wildtyp-KRAS-Status der zusätzliche Nutzen von Rilotumumab (Ril) bzw. Ganitumab (Gan) zu Panitumumab (Pmab) untersucht wurde [2]. Bei den beiden neuen Wirkstoffen handelt es sich um vollständig humane monoklonale Antikörper, die gegen HGF (Hepatocyte Growth Factor) bzw. IGF-R1 gerichtet sind. Die Patienten, die alle mit Irinotecan und/oder Oxaliplatin vorbehandelt waren, erhielten Panitumumab (6 mg/kg) und Placebo (Arm 1) vs. Panitumumab und Rilotumumab (10 mg/kg, Arm 2) vs. Panitumumab und Ganitumab (12 mg/kg, Arm 3), verabreicht jeweils alle zwei Wochen.

Bei der objektiven Ansprechrate (ORR) erzielte Pmab/Ril die vordefinierten Kriterien für eine Überlegenheit gegenüber Pmab/Placebo (s. Tabelle 1). Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 3,7 (Pmab/Placebo), 5,2 (Pmab/Ril) bzw. 5,3 (Pmab/Gan) Monaten. Nebenwirkungen Grad ≥ 3 traten bei 54%, 79% bzw. 72% der Patienten auf, wobei Rash, Dermatitis und Hypomagnesiämie zu den häufigsten gehörten. Die Ergebnisse der Biomarker-Analyse für den Pmab/Ril-Arm inklusive der Expression des HGF-Rezeptors (c-Met) werden nach Angaben der Autoren noch vorgestellt.

 Quellen:
[1] Watkins DJ, et al. A randomized phase II/III study of the anti-IGF-1R antibody MK-0646 (dalotuzumab) in combination with cetuximab (Cx) and irinotecan (Ir) in the treatment of chemorefractory metastatic colorectal cancer (mCRC) with wild-type (wt) KRAS status. J Clin Oncol 2011;29(Suppl): Abstract 3501
[2] Eng C, et al. A randomized, phase Ib/II trial of rilotumumab (AMG 102; ril) or ganitumab (AMG 479; gan) with panitumumab (pmab) versus pmab alone in patients (pts) with wild-type (WT) KRAS metastatic colorectal cancer (mCRC): Primary and biomarker analyses. J Clin Oncol 2011;29(Suppl): Abstract 3500


(pe)

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Dirk Arnold, Hamburg