krebsgesellschaft.de, 23.08.2011

Senologiekongress 2011

Sentinel-Lymphknoten - Stellenwert beim Mammakarzinom

Der Nodalstatus ist schon lange als wichtiger prognostischer Parameter für den weiteren Verlauf einer Brustkrebserkrankung anerkannt. Geändert haben sich allerdings Art und Weise der Erhebung sowie therapeutische Konsequenzen. Ein Artikel im Sonderheft der Zeitschrift Senologie, das zur diesjährigen Jahrestagung der DGS erschien, diskutiert den sich abzeichnenden Paradigmenwechsel.

Bis vor etwa zehn Jahren galt die komplette axilläre Dissektion (AD) als unerlässlicher Bestandteil der operativen Brustkrebstherapie – zur radikalen Beseitigung aller erreichbaren Tumorzellen und für das Staging. Heute verschafft zunächst eine schonende minimal-invasive Biospie Klarheit über den Tumorbefall des Sentinel-Lymphknotens. Patientinnen ohne Lymphknotenbefall profitieren in mehrfacher Hinsicht: Ihre Diagnose kann bei deutlich geringerer Morbidität als gesichert angesehen werden, die adjuvante Therapie ist individuell planbar und nicht von Nebenwirkungen einer kompletten AD beeinträchtigt [1, 2]

SENTINA-Studie klärt zeitliche Abfolge der Eingriffe
Trotz inzwischen großer Erfahrung ist die Frage nach dem Zeitpunkt für das Staging im Zusammenhang mit einer neoadjuvanten Therapie nach wie vor nicht geklärt. Hier steht die Individualisierung der adjuvanten Therapie gegen die Vorzüge eines weitgehenden Erhalts der Axilla. Derzeit wird zu dieser Thematik für die SENTINA-Studie rekrutiert, die 1500 Patientinnen einbeziehen soll.

Axilläre Dissektion: therapeutischer Nutzen unklar
Als diagnostische Maßnahme ist die AD komplett von der SLNB abgelöst worden, die heute als Standardeingriff im Rahmen des Stagings bei Mammakarzinom gilt. Seit kurzem wird allerdings auch die therapeutische Relevanz der AD bei Tumorbefall der Lymphknoten infrage gestellt [3, 4]. Mit dem Verzicht auf die Ausräumung der Lymphknoten war – bei Patientinnen mit günstiger Prognose – im Rahmen der Z11-Studie des ACOSOG nicht zwingend eine höhere Rezidivrate assoziiert. Statt AD erhielten die Patientinnen postoperativ eine Tangentialfeldbestrahlung. Therapieempfehlungen für den klinischen Alltag können aufgrund der stark selektierten Population noch nicht abgeleitet werden.

Fazit und Ausblick
Die SLNB hat durch gezielte Forschung, einen im interdisziplinären Konsensus erarbeiteten Standard und die umfassende Schulung des medizinischen Personals in erstaunlich kurzer Zeit nahezu flächendeckend einen festen Platz in der Diagnostik eingenommen. Inwieweit beim Management der Lymphabflusswege auch hinsichtlich der Therapie ein Umdenken stattfinden muss, werden in den nächsten Jahren große randomisierte Studien zeigen.

Quellen:
[1] Kuehn T, et al. Sentinel-Node-Biopsy is a reliable method for axillary staging in breast cancer: results from a large prospective German multi-instritutional trial. Eur J Surg Oncol 2004; 30: 252-259
[2] Kuehn T, et al. Consensus Committee of the German Society of Senology. A concept for the clinical implementation of sentinel lymph node biopsy in patients with breast carcinoma with special regard to quality assurance. Cancer 2005; 103: 451-461
[3] Giuliano AE, et al. Locoregional recurrence after sentinel lymph node dissection with or without axillary dissection in patients with lymph node metastases. Ann Surg 2010; 252: 426-433
[4] Giuliano AE, et al. Axillary dissection vs no axillary dissection in women with invasive breast cancer and sentinel lymph node metastases. JAMA 2011; 305: 569-575

(sm)

In Zusammenarbeit mit PD Dr. Diana Lüftner, Berlin