krebsgesellschaft.de, 24.04.2012

DKK 2012

Neoadjuvante Radiochemotherapie beim Pankreaskarzinom

Randomisierte Studie: Neoadjuvante Radiochemotherapie führt beim Pankreaskarzinom nicht zur Verbesserung der Prognose

In der aktuellen Krebsstatistik steht das Pankreaskarzinom unverändert an vierter Stelle der Todesursachen [1]. Die Prognose ist ungünstig, da der Tumor oft erst in einem späten Stadium entdeckt wird. Nach erfolgreicher Resektion liegt das mediane Gesamtüberleben bei 20 Monaten, der überwiegende Teil der Patienten erleidet ein lokales Rezidiv oder entwickelt Metastasen [2]. Eine randomisierte Studie überprüfte nun in einem interdisziplinären Ansatz die klinische Relevanz einer neoadjuvanten Radiochemotherapie (RCT). Erste Ergebnisse dieser in Erlangen initiierten Studie wurden anlässlich des Deutschen Krebskongresses 2012 in Berlin präsentiert.

Die multizentrische Studie konnte über 5,5 Jahre 73 Patienten mit histologisch gesichertem duktalem Pankreaskopf-Adenokarzinom rekrutieren. Dabei musste die Resektabilität des Tumors zum Zeitpunkt der Rekrutierung aus chirurgischer Sicht potenziell gegeben sein. Von den peripankreatischen Hauptgefäßen sollte mindestens eines zu weniger als 180° beteiligt sein.

Die Patienten wurden in zwei Arme randomisiert und entweder direkt operiert (Arm A) oder zunächst präoperativ einer kombinierten Radiochemotherapie (55,4 Gy; Gemcitabin/Cisplatin) zugeführt (Arm B). Bei Patienten in Arm B erfolgte die Resektion sechs Wochen nach Abschluss der Radiochemotherapie. Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben.

Hohe Rate an R0-Resektionen nach RCT

In Arm A konnten 33, in Arm B 30 Patienten wie vorgesehen behandelt werden. Ein Patient (Arm A) erlitt eine Sepsis und verstarb vor Behandlungsbeginn. In Arm B lehnten vier Patienten die ihnen zugewiesene RCT ab und wurden primär reseziert, in weiteren vier Fällen wurde aufgrund offensichtlicher Progression nach der RCT von einer Resektion abgesehen.

Es erfolgten 24 Pankreas-Resektionen in Arm A und 20 Resektionen in Arm B. In sechs Fällen (A/B n=4/2) wurde der Tumor bei einer explorativen Laparotomie als irresektabel eingestuft, bei 13 Patienten (A/B n=5/8) wurden Fernmetastasen entdeckt. Die Rate der R0-Resektionen betrug 67% (16/24) in Arm A und 90% (18/20) in Arm B (p=0,083)

Gesamtüberleben vergleichbar

Insgesamt lag das Gesamtüberleben in der Intention-to-treat-Analyse median bei 14,4 Monaten (Arm A) und 17,4 Monaten (Arm B) (p=0,90): nach tatsächlich erfolgter Tumorresektion wurden 18 bzw. 25 Monaten erreicht (p=0,63), ohne Operation lagen die Werte bei 9,5 und 8,2 Monaten (p=0,84). Bei der Analyse der protokollkonform behandelten Patienten ergab sich ein ähnliches Bild. Die postoperativen Komplikationen waren in beiden Gruppen vergleichbar.

Fazit

Verlauf und Ergebnisse belegen die Schwierigkeiten, mit denen Studienprotokolle zur neoadjuvanten Therapie des Pankreaskarzinoms konfrontiert sind. Die Interpretation der Studienergebnisse ist durch die geringe Größe des Patientenkollektivs erschwert, ein signifikanter Unterschied im medianen Gesamtüberleben konnte nicht belegt werden. Die Autoren der „Erlanger Studie“ erkennen in der neoadjuvanten Radiochemotherapie dennoch einen Benefit: Im Hinblick auf die Tumorfreiheit der Resektionsränder zeichnete sich für die präoperative Kombinationstherapie ein positiver Trend ab. Dennoch muss das Gesamtergebnis bislang als negativ gewertet werden.  Es ergibt sich kein Hinweis auf eine Verbesserung der Prognose durch neoadjuvante Radiochemotherapie bei  initial resektabel erscheinenden Pankreaskarzinomen.

Quellen:
[1] Krebs in Deutschland 2007/2008. Robert Koch Institut, 8. Ausgabe 2012
[2] Golcher H, et al. Preoperative chemoradiation for resectable adenocarcinom of the pancreas (ISRCTN 78805636: results of a randomized trial. DKK 2012; Abstract # D4-0274

(sm)

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Florian Lordick, Braunschweig