krebsgesellschaft.de, 18.05.2012

AACR 2012

AACR 2012 – Metastasiertes Melanom: Neue Erkenntnisse zur Therapie dank Mausmodellen

Patienten mit metastasiertem malignem Melanom haben keine gute Prognose. Ihre Lebenserwartung liegt im Median unter einem Jahr – neue Therapieoptionen sind daher dringend erforderlich. Die gezielte Behandlung mit BRAF-Inhibitoren bei Vorliegen der BRAF-V600E-Mutation zeigt hierbei viel versprechende Ergebnisse. Problem dabei ist die relativ schnelle Resistenzentstehung. Um die zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen, können Mausmodelle hilfreich sein, wie US-amerikanische Forscher auf der AACR-Tagung 2012 präsentierten. Für die Testung neuer Therapieoptionen bieten sich die Tiermodelle ebenfalls an, wie eine weitere Arbeit zeigte.

Die BRAF-V600E-Mutation spielt eine wesentliche Rolle bei Proliferation und Überleben bei ungefähr der Hälfte aller Melanome, das zeigten Untersuchungen mit Kinaseinhibitoren wie Vermurafenib. So kam es bei Melanom-Patienten mit dieser Mutation zu einem Therapieansprechen. Allerdings entwickeln viele Patienten relativ schnell eine Resistenz gegenüber den Kinaseinhibitoren. Mithilfe eines speziellen Mausmodells, untersuchten US-amerikanische Forscher nun mögliche Mechanismen, die zur Resistenzentstehung beitragen [1].

Heterogenes pharmakodynamisches Ansprechen
Die Forscher verabreichten Mäusen mit HMEX1906-Tumoren die selektiven Kinaseinhibitoren Vemurafenib oder das neu entwickelte NVP-LGX818 in klinisch relevanten Dosierungen. Innerhalb von vier bis sechs Wochen entstanden resistente Tumoren. Pharmakodynamische Analysen der einzelnen Tumoren ergaben, dass der MAPK-Pathway in resistenten Tumoren supprimiert war, allerdings in einem weniger starken Ausmaß als bei sensitiven Tumoren. Zudem ließ sich eine stärkere und längere Inhibition von phosphoERK in sensitiven als in resistenten Tumoren nachweisen. Biochemische Analysen zeigten weiterhin, dass verschiedene Tyrosinkinase-Rezeptoren aktiviert waren und Veränderungen von negativen Feedbackmechanismen an der Resistenzentwicklung beteiligt sein könnten. Daneben stellte sich heraus, dass einige resistente Tumoren eine verstärkte Expression des mutierten BRAF-V600E aufwiesen [1].

Intermittierende Gabe verhindert Resistenzentstehung bei Mäusen
Erhöhte Kinaseinhibitoren-Dosierungen bei Mäusen mit resistenten Tumoren führten zu einem signifikanten, aber nur vorübergehenden Tumoransprechen, dem sich eine Tumorprogression anschloss. Sowohl In-vivo-Studien nach Medikamentenentzug als auch In-vitro-Analysen lassen vermuten, dass das Überleben der resistenten Tumorzellen von der Anwesenheit der Kinaseinhibitoren abhängig ist. Sie scheinen bei Fehlen der Substanzen weniger fit zu sein als sensitive Tumorzellen. Um diese Hypothese zu überprüfen, verabreichten die Forscher den Mäusen die Kinaseinhibitoren intermittierend: vier Wochen Therapie, zwei Wochen Pause. Dadurch wurde die Entstehung einer Resistenz für die Dauer des viermonatigen Experiments verhindert. Nach Meinung der Autoren, könnte dies die Planung der gezielten Therapie beim Menschen beeinflussen [1].

Kombination aus Immuno- und gezielter Therapie im Test
Ein anderes Wissenschaftlerteam nutzte unter anderem Mausmodelle, um die Wirksamkeit einer Kombination aus Immunotherapien und gezielten Therapien zu analysieren. Sie wollten überprüfen, wie sich gezielte Therapien auf die Immunvorgänge im Tumor auswirken [2].

So fanden die Forscher mittels RNA-Analysen von Melanozyten, die u.a. Gene mit dem BRAF-Wildtyp oder mutierten BRAF exprimierten, heraus, dass Zellen mit mutierten BRAF-Genen verschiedene Immunsubstanzen einschließlich Interleukin (IL)-1 bevorzugt bildeten. IL-1 induzierte die Expression immuninhibierender Moleküle in tumorassoziierten Fibroblasten und tumorinfiltrierenden myeloiden Zellen wie PD-L1, wie die Wissenschaftler weiter feststellten. Die IL-1 ausgesetzten Fibroblasten waren zudem in der Lage, die T-Zellfunktion in vitro zu inhibieren. Die Hemmung des MAPK-Pathway durch einen BRAF-spezifischen Blocker hob diese Effekte wieder auf [2].

BRAF-Hemmung stärkt T-Zellmigration in den Tumor
Im nächsten Schritt ermittelten die Autoren die Effekte der BRAF-Blockade auf die T-Zellmigration im Tumorbereich. Dafür verabreichten sie Mäusen mit BRAF-positiven Tumoren antigenspezifische T-Zellen, einen BRAF-Inhibitor oder eine Kombination aus beiden. Die höchste Tumorregression ließ sich in den Mäusen erreichen, die die Kombination erhalten hatten. Zudem zeigte sich, dass T-Zellen bei Vorhandensein des BRAF-Inhibitors effizienter in den Tumor migrierten. Das lag offenbar u.a. an einer Herabregulation der VEGF-Expression durch die BRAF-Hemmung. Auch eine Anti-VEGF-Therapie führte zu einer verstärkten Migration von T-Zellen in den Tumor [2].

Zuletzt analysierten die Forscher den Einfluss der BRAF-Inhibition auf die T-Zellfunktion bei Patienten mit metastasiertem Melanom. Dazu isolierten sie periphere mononukleäre Zellen aus dem Blut von Patienten vor und nach einer Therapie mit einem BRAF-Hemmer. Eine ungünstige Wirkung der BRAF-Inhibition auf die T-Zellfunktion konnten sie nicht feststellen. Ebenso ließ sich keine Veränderung der zirkulierenden Zytokine nach BRAF-Inhibition nachweisen, einzige Ausnahme war eine leichte Erhöhung des Tumornekrosefaktor-alpha [2].

BRAF-Inhibition plus Immunotherapie mit Vorteilen
Somit induziert ein mutierter BRAF offenbar eine Immunsuppression in der Mikroumgebung des Tumors, wie die Autoren zusammenfassen, die durch eine BRAF-Inhibition aufgehoben werden kann. Zudem führe eine BRAF-Hemmung zu einer verstärkten Migration von T-Zellen in den Tumor und sie beeinflusse die Immunfunktion der Betroffenen mit metastasiertem Melanom nicht negativ. Die Ergebnisse unterstrichen, so die Autoren weiter, die potenzielle Synergie einer Kombination aus BRAF-Inhibition und Immunotherapie [2].

Quellen:
[1] Das Thakur M et al. Modeling the evolution of resistance to RAF inhibitors in clinically relevant melanoma models. AACR 2012 #5592
[2] Lizée G, Liu C, Hwu P: The rational combination of BRAF inhibition with immunotherapy for the treatment of metastatic melanoma. AACR 2012 #PL03-03

(aks) 

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jürgen C. Becker, Graz